"Zu dick" ist noch keine Behinderung
Gespeichert von Prof. Dr. Christian Rolfs am
Der Fall hat vergangene Woche Schlagzeilen gemacht: Die Klägerin hatte sich 2012 auf die Stelle als Geschäftsführerin des Vereins "Borreliose und FSME Bund Deutschland" beworben. Das erste Gespräch verlief nach ihrer Erinnerung sehr positiv. Dann aber kam der Schock: In einer E-Mail fragte die damalige Stellvertreterin der Organisation bei ihr an, "was dazu geführt hat, dass Sie kein Normalgewicht haben". Und weiter: "Im jetzigen Zustand wären Sie natürlich kein vorzeigbares Beispiel und würden unsere Empfehlungen für Ernährung und Sport konterkarieren. Vielleicht haben Sie ja auch einen plausiblen Grund, der in den Griff zu bekommen ist."
Die Klägerin, 1,70 groß, 83 kg schwer und Konfektionsgröße 42, war schockiert. Sie brach den Kontat ab und klagte beim ArbG Darmstadt auf 30.000 Euro Entschädigung. Erstinstanzlich wurde die Klage abgewiesen. Das Gericht sah in der Ablehnung keinen "entschädigungspflichtigen Eingriff". Zudem hielt es nicht für bewiesen, dass die Klägerin in erster Linie wegen ihres vermeintlichen Übergewichtes erfolglos auf Jobsuche war.
Rechtlich sind für den Anspruch wohl zwei Ansatzpunkte denkbar:
- Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG. Dann müsste die Klägerin aus einem der in § 1 AGG genannten Gründe benachteiligt worden sein. Unter diesen kommt nur die "Behinderung" in Betracht. Dafür war sie aber wohl nicht übergewichtig genug.
- Schadensersatz wegen Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG). Darauf setzt wohl auch ihr Anwalt. SpiegelOnline zitiert ihn mit der Aussage: "Es geht hier klar um Abschreckung, um den Schutz der Menschenrechte".