BGH: Keine Wiedereinsetzung nach Selbstmordversuch
Gespeichert von Carsten Krumm am
Klingt auf den ersten Blick sehr hart - die Entscheidung des BGH ist aber sicher nicht zu beanstanden. Wiedereinsetzungsanträge müssen ja bekanntlich gut begründet sein:
Gegen dieses in seiner Anwesenheit verkündete
Urteil hat der Verurteilte mit Schriftsatz seines neuen Verteidigers vom
27. April 2015 Revision eingelegt und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels beantragt. Die
Rechtsbehelfe erweisen sich bereits als unzulässig.
1. Das Wiedereinsetzungsgesuch des Angeklagten ist unzulässig.
Es entspricht nicht den Anforderungen des § 45 Abs. 1 Satz 1 StPO. Danach
ist der Antrag binnen einer Woche nach Wegfall des Hindernisses zu stellen.
Damit die Einhaltung der Wochenfrist überprüft werden kann, bedarf es zur
formgerechten Anbringung eines Wiedereinsetzungsgesuchs in den Fällen, in
denen dies nach Aktenlage nicht offensichtlich ist, der Mitteilung, wann das
Hindernis, das der Fristwahrung entgegenstand, weggefallen ist (vgl. BGH, Beschlüsse
vom 4. August 2010 – 2 StR 365/10, vom 11. Mai 2011 – 2 StR 77/11,
vom 8. Dezember 2011 – 4 StR 430/11, NStZ 2012, 276, und vom 22. Mai 2013
– 4 StR 121/13, NStZ 2013, 541). Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen
Stand vom 27. April 2015 verhält sich indes nicht dazu, wann der Verurteilte,
dessen Kenntnis für den Fristbeginn entscheidend ist, über die Versäumung
der Einlegungsfrist unterrichtet worden ist. Ausweislich des mit dem Antrag vorgelegten
Schreibens des Verurteilten vom 22. April 2015 hatte dieser in der
Nacht zum 24. März 2015 einen Selbstmordversuch unternommen, woraufhin
er für "ca. 3-4 Wochen" in einen besonders gesicherten Haftraum verlegt worden
war. Nach Rückkehr in seinen Haftraum fand er die Benachrichtigung vor,
dass das Urteil rechtskräftig geworden ist. Nach diesem zeitlichen Ablauf liegt
es nicht fern, dass der Wiedereinsetzungsantrag die Wochenfrist des § 45
Abs. 1 Satz 1 StPO nicht gewahrt hat. Entsprechende Angaben waren vorliegend
daher nicht entbehrlich.
Im Übrigen wäre der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Revision auch unbegründet.
Der Verurteilte hat nicht nur nicht glaubhaft gemacht, dass er seinen Pflichtverteidiger,
der ihn im erstinstanzlichen Verfahren vertreten hat, mit der Einlegung
der Revision beauftragt hatte. Vielmehr ist durch die schriftliche Erklärung des
Pflichtverteidigers vom 7. Mai 2015 bewiesen, dass der Verurteilte diesen Verteidiger
weder in einer "Nachbesprechung" nach der Verkündung des Urteils
noch anlässlich eines Besuchs während des Laufs der Einlegungsfrist gebeten
hat, Rechtsmittel einzulegen. Ausweislich der anwaltlich versicherten Erklärung
wollte der Verurteilte das Urteil akzeptieren.
2. Da der Angeklagte die Frist zur Einlegung der Revision gemäß § 341
Abs. 1 StPO versäumt hat, war sein Rechtsmittel gemäß § 349 Abs. 1 StPO als
unzulässig zu verwerfen.
BGH, Beschluss vom 29.7.2015 - 4 StR 222/15