Maschinelle Übersetzungssoftware für »legale Übersetzungen«
Gespeichert von Peter Winslow am
Am 15. November 2021 gab Tilde – ein Unternehmen, dessen Leidenschaft Sprache sei – »8 Wege zur Umwandlung juristischer Übersetzungen mit Hilfe maschineller Übersetzungen« bekannt. Man tue dem Unternehmen den Gefallen, nicht an der Ernsthaftigkeit dieser Überschrift zu zweifeln. Sie ist das Ergebnis der unternehmenseigenen maschinellen Übersetzungssoftware (siehe Bild, oben links) und dient dem Nachweis – oder hat man hier etwas anderes anzunehmen? – dass Tilde in der Lage ist, gute maschinell erstellte Übersetzungen im Bereich der juristischen Fachübersetzung zu liefern.
Die Herstellerinnen maschineller Übersetzungssoftware glauben an eine moderne Zauberkunst. Sie glauben, dass ihre maschinelle Übersetzungssoftware durch Wiederholungen eigener Überzeugungen besser wird: Je öfter man sage, wie gut die eigene maschinelle Übersetzungssoftware sei, desto besser werde diese Software. Gesagt, getan – oder nicht. Es ist eine seltsame Erscheinung. Vorliegend verhält es sich nicht anders. Unter der Überschrift »Kundenspezifische Übersetzungsmotoren für legale Übersetzungen« liest man Sätze wie »[d]ie Richtigkeit is alles« oder »Tildes übliches MÜ-System liefert genaue Übersetzungen, die auf den Rechtsbereich und die Terminologie zugeschnitten sind«.
In Wahrheit besteht die Zauberkunst dieser Herstellerinnen darin, dass man über jede Fehlübersetzung hinwegsieht. Die Qualität maschinell erstellter Übersetzungen soll man zwar anhand von Wörtern feststellen, aber nicht anhand der in der Übersetzung enthaltenen, sondern anhand der werblichen. Unsere Aufmerksamkeit wird gelenkt. Wir sollen aufs Maul schauen, um uns von der Qualität einer Software überzeugen zu lassen.
Das ist alles sehr unterhaltsam. I guess. Wer hätte nicht gerne eine auf die Terminologie zugeschnittene »legale Übersetzung«? Übersetzungen haben jedoch mit Fremdwörtern, nicht mit Fremden zu tun. Sie sind nicht legal oder illegal da. Die Richtigkeit eines von einem »Übersetzungsmotor« getriebenen Ergebnisses scheint dem Zufall geschuldet; auch eine kaputte Uhr ist zweimal am Tag richtig. Maschinelle Übersetzungssoftware ist besser geworden. Kein Zweifel. Aber sie ist nur besser, sie ist nicht gut geworden; eine kaputte Uhr ist sie noch.
Und keine eignet sich für juristische Fachübersetzungen, die mandatsbedingt richtig und vollständig sein müssen. Selbst eine maschinelle Übersetzungssoftware, die speziell für juristische – sorry, für legale – Übersetzungen entwickelt wurde, eignet sich nicht für juristische Fachübersetzungen, die mandatsbedingt richtig und vollständig sein müssen. Der Beweis? Diese Ergebnisse, die Werbung.