VorsRiLAG Andreas Busemann gegen Mediation beim Arbeitsgericht

von Dr. Thomas Lapp, veröffentlicht am 29.04.2009

VorsRiLAG Andreas Busemann erklärt "Keine gerichtsinterne Mediation vor den Gerichten für Arbeitssachen!" (ZTR 2009 Heft 1, 11 - 13 - Kurzfassung online).

Busemann bezweifelt schon den Sinn einer Mediation beim Arbeitsgericht, wodurch nach seiner Darstellung 80 % der Verfahren ohnehin unstreitige Entscheidung enden.Auch der bereits zitierte Bericht im Deutschlandfunk weckt Zweifel daran, wenn dort der Präsident des Thüringer Oberlandesgerichts, Stefan Kaufmann, mit der Aussage wiedergegeben wird: "Als Richter könne er nur nach Aktenlage urteilen. Als Güterichter komme er an die emotionaleren Themen." Offenbar kommen hier die Methoden Güteverhandlung und Mediation völlig durcheinander.

Zudem ist Busemann der Auffassung, dass es bislang keine ausreichende Rechtsgrundlage für die Mediation als Aufgabe der Justizverwaltung gebe und auch die Folgen (z.B. Haftung des Mediationsrichters, Kosten-Nutzen-Verhältnis, Richterpensum) völlig ungeklärt seien. An dieser Stelle wurde bereits über die BGH-Entscheidung zu einer gescheiterten Gerichtsmediation berichtet. In diesem Verfahren hatte die nicht sachgerechte und vor allem nicht ausreichend durchdachte Verfahrensgestaltung zur Verfristung des Rechtsmittels geführt. Es genügt eben nicht, "am runden Tisch und ohne Robe" (so Kaufmann aaO.) oder mit "einer Keksdose und ein paar Flaschen Wasser" (so Reimer) zu agieren.

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

4 Kommentare

Kommentare als Feed abonnieren

Die Vorbehalte gegen die Mediation sind offenbar noch wie vor sehr groß. Zu Unrecht, zumindest dann, wenn man es mit einem geschulten Mediator zu tun hat.

Ich habe letzte Woche die für mich erste richterliche Mediation begleitet, in einem IT-Prozess. Es hat 4 Stunden gedauert und ein Ergebnis gebracht, mit dem der Mandant zufrieden war und das nachdem die Güteverhandlung vorher gecheitert war.

Die Mediation behandelt den Konflikt auf eine Art und Weise, wie es keine Güteverhandlung schafft und kann zu (vernünftigen) Ergebnissen führen, die im Prozess nicht erreichbar sind.

0

Klar, irgendwann nach Güteverhandlung und dann noch folgender Mediation ist eine Partei es leid und gibt nach, dann ist die andere zufrieden, etwas erhalten oder behalten zu haben, was ihr nicht zusteht. Vor dem LAndgericht Essen habe ich bisher nur erlebt, dass der Gegner das gerichtiche Mediationsverfahren anregt, wenn er schlechte Karten hat oder nicht hinreichend vorträgt.

0

Das entscheidende ist doch:

Es gibt keine gesetzliche Grundlage für die gerichtsinterne Mediation

Der deutsche Bundestag -nur er wäre für eine derartige Gesetzesänderung zuständig- hat die gerichtsinterne Mediation bisher auf keine tragfähige Grundlage gestellt. Er hat schlicht und einfach kein entsprechendes Gesetz verabschiedet.

Der von der Praxis analog angewandte § 278 Abs. 5 Satz 1 ZPO, wonach das Gericht die Parteien für die Güteverhandlung vor einen beauftragten oder ersuchten
Richter verweisen kann, passt als Rechtsgrundlage für die gerichtsinterne Mediation - etwa durch Güterichter - nicht. Der Richter-Mediator ist weder beauftragter noch ersuchter Richter i.S.d. Vorschrift. Beauftragter Richter ist nach § 361 Abs. 1 ZPO ein Mitglied des Prozessgerichts, ersuchter Richter nach § 362 Abs. 1 ZPO nur der vom Prozessgericht im Wege der Rechtshilfe in Anspruch genommene Richter eines anderen Gerichts, das gem. § 157 Abs. 1 GVG ein Amtsrichter sein muss.

Die im Rahmen der Pilotprojekte zur gerichtsinternen Mediation gelegentlich praktizierte Lösung in den Geschäftsverteilungsplänen, Richter-Mediatoren an Landgerichten als ersuchte Richter einem Geschäftsbereich mit der Sonderzuständigkeit „Durchführung von Güteverhandlungen und sonstigen Güteversuchen nach § 278 ZPO" zuzuweisen, könnten daher allenfalls auf eine analoge Anwendung des § 278 Abs. 5 Satz 1 ZPO gestützt werden.

Die Regelungen des § 278 ZPO sind aber abschließend, wie sich aus ihrer detaillierten Regelung -bei Anwendung juristischer Methodenlehre- ergibt. Eine analoge Anwendung des § 278 Abs. V Satz 1 ZPO für die Zulässigkeit einer gerichtsinternen Mediation durch einen ersuchten Richter (Güterichter) desselben Gerichts (am Landgericht) verbietet sich aber, da eine Analogie dieser Norm eine Gesetzeslücke voraussetzen würde. Eine solche gibt es aber nicht. Denn dem Gesetzgeber war bei der Neufassung des § 278 ZPO bekannt, dass es die Konfliklösungsmöglichkeit durch außergerichtliche Mediation gab (vergl. Bundestagsdrucksache 14/4722, S. 83 ff.) Für diesen Fall sieht § 278 Abs. V Satz 2 ZPO ja gerade die Möglichkeit vor, dass das Gericht den Parteien den Vorschlag einer außergerichtlichen Streitschlichtung vorschlägt und das Verfahren gem. § 278 Abs. V Satz 3 ZPO gem. § 251 ZPO aussetzt.

Dementsprechend wäre die gerichtsinterne Mediation nur zulässig, wenn der Bundesgesetzgeber § 278 Abs. 5 Satz 1 ZPO dahingehend ergänzen würde, dass das Gericht die Parteien für die Güteverhandlung nicht nur vor einen beauftragten und ersuchten, sondern auch vor einen als Mediator tätigen Richter verweisen kann.

Aber auch das ist abzulehnen, denn Mediation im eigentlichen Sinne setzt vor allem Freiwilligkeit, Eigenverantwortlichkeit und Ergebnisoffenheit voraus. Von einer Bindung an Recht und Gesetz kann im Rahmen einer Mediation im eigentlichen Sinne -nämlich als außergerichtliches Konfliktlösungsinstrument- keine Rede sein. Damit aber ist Mediation einer richterlichen Tätigkeit per Definition unzugänglich. Etwas anderes kann nur für die Protokollierung eines außergerichtlichen Vergleichs gelten, der im Wege einer außergerichtlichen Mediation zustande gekommen ist.

Durch die Einführung gerichtsinterner Mediation durch die Justizministerien -wenn auch nur in sogenannten Pilotprojekten oder Modellversuchen- lassen sich die Richter partiell von ihrer verfassungsmäßigen Bindung an Gesetz und Recht (vergl. Art. 20 Abs. 3, 92 und 97 GG) freistellen und dienen streitenden Parteien im fiskalischen Interesse der Justizverwaltungen (Justizministerien) als Konfliktlösungshelfer ohne Gesetzesbindung (Mediator/Güterichter). Damit tragen sie zur grundgesetzwidrigen Veränderung des Richterbildes bei. Dem muss durch die Vertretungen der Richterschaft, dass heißt durch den Deutschen Richterbund und Die Neue Richtervereinigung Einhalt geboten werden. Richter, die an gerichtsinterner Mediation -ohne Gesetzesgrundlage- mitwirken, verlassen sonst den Boden des Grundgesetzes und die Richterschaft verstieße flächendeckend gegen ihren Amtseid.

0

Tatsächlich ist Gerichtsmediation gesetzlich nicht geregelt. Insoweit stimme ich der Ansicht von Krämer zu. Fatale Folge hat dies dann, wenn die fehlende Regelung zu friktionen mit dem geltenden Prozeßrecht führt und beispielsweise Parteien mit der Verfristung ihrer Rechte konfrontoert werden, weil sie sich auf Mediation vor Gericht eingelassen haben.

Probleme bereitet auch die Vermengung des traditionellen Richterbildes mit der Rolle des Mediators. Prof. Dr. Jost hat die Sicht der Parteien formuliert als: "der Richter wirds schon richten", sei es auch in der Mediation. Damit meinte er, dass die Richter auch dann noch von ihrer richterlichen Autorität profitieren. Besonders deutlich ist das bei einem Mediationsstil, wie er von Friedhofen beim Anwaltstag dargestellt wurde, bei dem er aufgrund seiner Erfahrung und Rechtskenntnisse als langjähriger Arbeitsrichter und Direktor eines Arbeitsgerichts den Parteien die Rechtslage darstellt, um dann als Mediator eine Lösung zu suchen.

Zu weitgehend finde ich die Überlegung, Richter oder Parteien würden die Bindung an Recht und Gesetz verlieren. Das verkennt das Wesen der Mediation. Die Ansicht ist nur vertretbar, wenn man Mediation als Justizgewährleistung ansieht. Nach meiner Auffassung ist Mediation aber als Grundrechtsausübung durch die Parteien, zivilrechtlich betrachtet als Ausdruck der Vertragsfreiheit zu sehen. Solange die Parteien eigenverantwortlich, auch unter Hilfe des Mediators, verhandeln, sind sie an Recht und Gesetz nur im Rahmen der Vertragsfreiheit gebunden. Dagegen ist verfassungsrechtlich nichts einzuwenden. Auch außerhalb von Mediation können und dürfen Richter in Vergleichsverhandlungen über Dinge verhandeln, die nicht rechtshängig sind, vielleicht gar nicht rechtshängig gemacht werden können. Die oben angedeutete enge Bindung an Recht und Gesetz besteht für den Richter nur dort, wo er rechtsprechende Gewalt ausübt.

Kommentar hinzufügen