Fahrverbot: 2 Jahre Verfahrensdauer sind "fahrverbotsfeindlich"

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 08.12.2016
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht|2297 Aufrufe

Vor zwei Tagen schon war diese Entscheidung des OLG Hamm Gegenstand des Blogs. Heute geht es ums Fahrverbot. Das OLG hat die Sache zurückverwiesen und dabei schon eine "Segelanweisung" gegeben. Im Frühjahr 2017 sind die Taten 2 Jahre her. Da ist i.d.R. kein Fahverbot nach § 44 StGB mehr möglich:

Auch das verhängte Fahrverbot (§ 44 StGB) kann keinen Bestand haben. Die Kammer hat sich mit der Wechselwirkung zwischen der Höhe der Hauptstrafe und der Nebenstrafe nicht auseinandergesetzt (OLG Hamm, Beschluss vom 3. Juni 2004 - 2 Ss 112/04, juris, Rdnr. 14; OLG Stuttgart, Beschluss vom 10. März 2016 - 4 Ss 700/15, juris, Rdnr. 16; Fischer, StGB, 63. Aufl., § 44, Rdnr. 17). Im Übrigen wird der neue Tatrichter bei seiner Entscheidung über die Verhängung eines Fahrverbots zu berücksichtigen haben, dass das Fahrverbot seine Warnungs- und Besinnungsfunktion - auch im Hinblick auf seinen Strafcharakter - nur dann erfüllen kann, wenn es sich in einem angemessenen zeitlichen Abstand zur Tat auf den Täter auswirkt. Nach einem längeren Zeitablauf verliert der spezialpräventive Zweck eines Fahrverbots seine eigentliche Bedeutung, so dass nur noch der Pönalisierungscharakter als Sanktionsinhalt übrig bleibt (BGH, Beschluss vom 22. Oktober 2001 - 5 StR 439/01, juris, Rdnr. 5; OLG Hamm, Beschluss vom 3. Juni 2004 - 2 Ss 112/04, juris, Rdnr. 14). Der Angeklagte beging die Taten am 15. Februar 2015 und 18. März 2015. Da die neue Hautverhandlung voraussichtlich erst im Frühjahr des Jahres 2017 stattfindet, wird dem Zeitablauf von dann zwei Jahren seit der Tat entscheidende Bedeutung zukommen, was voraussichtlich dazu führt, dass das verhängte Fahrverbot seinen spezialpräventiven Zweck verliert. Es bedarf dann besonderer Umstände für die Annahme, dass zu einer nach wie vor erforderlichen erzieherischen Einwirkung auf den Täter die Verhängung eines Fahrverbots neben der Hauptstrafe unbedingt erforderlich ist (OLG Hamm, Beschluss vom 3. Juni 2004 - 2 Ss 112/04, juris, Rdnr. 16 und Beschluss vom 24. Juli 2012 - III-2 RVs 37/12, juris, Rdnr. 6).

OLG Hamm Beschl. v. 8.11.2016 – 3 RVs 85/16, BeckRS 2016, 20454

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