BAG zur Vergütung von Betriebsratsmitgliedern

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 05.04.2023
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht|1765 Aufrufe

Die Vergütung von Betriebsratsmitgliedern wird nicht erst seit dem Urteil des 6. Strafsenats des BGH vom 10.1.2023 immer wieder kontrovers diskutiert. Einerseits darf sie nicht geringer bemessen werden als das Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung (§ 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG), andererseits dürfen Betriebsratsmitglieder wegen ihrer Tätigkeit nicht begünstigt werden (§ 78 Satz 2 BetrVG).

Das BAG hat jetzt die Klage eines freigestellten Betriebsratsmitglieds auf eine höhere Vergütung abgewiesen und noch einmal die Leitlinien zusammengefasst, die sich aus der Anwendung der beiden genannten Bestimmungen ergeben. Der Siebte Senat steht dabei in voller Übereinstimmung mit den Strafsenaten des Bundesgerichtshofs:

Vergleichbar iSv. § 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG sind Arbeitnehmer, die im Zeitpunkt der Amtsübernahme ähnliche, im Wesentlichen gleich qualifizierte Tätigkeiten ausgeführt haben wie der Amtsträger und dafür in gleicher Weise wie dieser fachlich und persönlich qualifiziert waren (…). Für die Bestimmung des Kreises der vergleichbaren Arbeitnehmer ist auch dann der Zeitpunkt der Amtsübernahme maßgeblich, wenn das Betriebsratsmitglied zu einem späteren Zeitpunkt von der beruflichen Tätigkeit freigestellt wird (…).

Üblich ist eine Entwicklung, die vergleichbare Arbeitnehmer bei Berücksichtigung der normalen betrieblichen und personellen Entwicklung in beruflicher Hinsicht genommen haben. Eine Üblichkeit entsteht aufgrund gleichförmigen Verhaltens des Arbeitgebers und einer von ihm aufgestellten Regel. Dabei muss der Geschehensablauf so typisch sein, dass aufgrund der Gegebenheiten und Gesetzmäßigkeiten zumindest in der überwiegenden Anzahl der vergleichbaren Fälle mit der jeweiligen Entwicklung gerechnet werden kann (…). Die Übertragung höherwertiger Tätigkeiten ist nur dann betriebsüblich, wenn diese dem Betriebsratsmitglied nach den betrieblichen Gepflogenheiten hätten übertragen werden müssen oder die Mehrzahl der vergleichbaren Arbeitnehmer einen solchen Aufstieg erreicht. Nicht ausreichend ist es, dass das Betriebsratsmitglied bei der Amtsübernahme in seiner bisherigen beruflichen Entwicklung einem vergleichbaren Arbeitnehmer vollkommen gleichgestanden hat. Eine Betriebsüblichkeit der beruflichen Entwicklung liegt nicht vor, wenn die Besserstellung eines oder mehrerer vergleichbarer Arbeitnehmer auf individuellen, nur auf diese bzw. diesen Arbeitnehmer persönlich zugeschnittenen Gründen beruht (…).

BAG, Urt. vom 23.11.2022 - 7 AZR 122/22, BeckRS 2022, 45458

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