Der Angeklagte war ein Blödmann...

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 22.04.2023
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht1|1637 Aufrufe

Nicht ganz so hatte es die Berufungskammer geschrieben, aber wohl gemeint. Und im Urteil hatte sie aus ihrer Meinung keinen Hehl gemacht. Das führte dann zur Aufhebung hinsichtlich des Maßregelausspruchs nach §§ 69,69a StGB:

 

2. Die neben der Geldstrafe angeordnete Maßregel nach den §§ 69, 69a StGB kann ebenfalls keinen Bestand haben, weil die Berufungskammer ihre Entscheidung mit sachfremden Erwägungen begründet hat. Zwar hat die Berufungskammer gesehen, dass es für die Verhängung der Maßregel darauf ankommt, ob der Angeklagte ungeeignet zum Führen von Fahrzeugen ist. Allerdings wurde verkannt, dass sich nach § 69 Abs. 1 Satz 1 StGB die Ungeeignetheit „aus der Tat“ ergeben muss. Die stark moralisierenden Erwägungen zum Auftreten des Angeklagten in der Berufungshauptverhandlung („betont desinteressiert“, „herablassend siegesgewiss“, sich „nur gelegentlich in überheblich-spöttischer Weise äußernd“), die schon für sich genommen bedenklich sind (vgl. nur BGH, Beschluss vom 03.08.2021 - 2 StR 217/21 = StV 2022, 224; 22.10.2020 - 2 StR 232/20 bei juris; Urt. v. 04.12.2018 - 1 StR 477/18 = NStZ-RR 2019, 105), lassen keinen konkreten Bezug zur Frage der Eignung des Angeklagten zum Führen von Kraftfahrzeugen im Straßenverkehr erkennen. Zudem hat die Berufungskammer die Begehung der Straftaten, die zu den späteren Verurteilungen in anderen Verfahren führten, und die daraus abgeleitete „Gleichgültigkeit des Angeklagten gegenüber anderen Rechtsgütern“ zusätzlich für ihre Einschätzung herangezogen, dass der Angeklagte auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch charakterlich zum Führen von Kraftfahrzeugen im Straßenverkehr ungeeignet sei. Dabei wurde außer Acht gelassen, dass die Taten, die diesen Verurteilungen zu Grunde lagen, in keinem Zusammenhang mit dem Führen von Kraftfahrzeugen standen. Auch wenn es sich bei dem verfahrensgegenständlichen Delikt um einen Regelfall im Sinne des § 69 Abs. 2 Nr. 1a StGB handelte, kann der Senat nicht völlig ausschließen, dass die Strafkammer im Falle einer am Gesetz orientierten Begründung der Maßregel von dem Regelfall abgewichen wäre, sodass die Entscheidung auch insoweit auf diesem Rechtsfehler beruht (§ 337 Abs. 1 StPO).

BayObLG Beschl. v. 23.12.2022 – 202 StRR 119/22, BeckRS 2022, 41469 

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Ein Blödmann, oder er säuft wieder, sind sonderbaren Bemerkungen von CK, und die Gleichgültigkeiten, sowie Einschätzungen gegenüber Personen sind in manchen deren Beiträge nicht zu übersehen. Vor dem Gesetz sind alle gleich, jedoch nicht vor einigen Richtern.

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