Amtsgericht hatte wirksame Einspruchsbeschränkung übersehen....Urteil hielt trotzdem

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 04.07.2023
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht|1302 Aufrufe

Das AG hatte verurteilt - die wirksame Einspruchsbeschränkung auf die Rechtsfolge hatte es übersehen. Das war aber im Ergebnis unproblematisch, weil die festgesetzte Rechtsfolge von 600 Euro schon ok war....

 

Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 79 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Nr. 2 OWiG statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht, eingelegt und mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts wirksam begründet worden. In der Sache bleibt dem Rechtsmittel der Erfolg indes versagt.

 1. Das angefochtene Urteil unterliegt nicht bereits deshalb der Aufhebung, weil das Amtsgericht bei seiner Entscheidung offenbar übersehen hat, dass der Einspruch gegen den Bußgeldbescheid vom 19. Mai 2022 wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt wurde (vgl. zur Überprüfung der Wirksamkeit der Beschränkung eines Einspruchs von Amts wegen: etwa Senatsbeschlüsse vom 24. Oktober 2013 – Ss (B) 101/2103 (83/13 OWi) –, 19. März 2015 – Ss (B) 13/2015 (7/15 OWi) – und 29. Mai 2019 – Ss Bs 5/2019 (27/19 OWi) –; OLG Bamberg, Beschluss vom 08. Februar 2019 – 2 Ss OWi 123/19 –, juris, m.w.N.; KK-OWiG, a.a.O., § 67 Rn. 56).

 a) Die mit anwaltlichem Schriftsatz vom 31. Januar 2023 erklärte Beschränkung des Einspruchs auf die Rechtsfolgen war rechtzeitig und formwirksam, da der Schriftsatz ausweislich des Faxstempels um 07:55 Uhr und damit vor der an diesem Tag um 11:35 Uhr beginnenden Hauptverhandlung sowie in der gebotenen Schriftform bei Gericht einging. Ferner erfolgte die nach § 67 Abs. 2 OWiG grundsätzlich zulässige Beschränkung des Einspruchs auf bestimmte Beschwerdepunkte durch den Verteidiger auch mit der gemäß § 302 Abs. 2 StPO erforderlichen ausdrücklichen Ermächtigung des Betroffenen. Insoweit ist anerkannt, dass eine Beschränkung des Einspruchs – wie vorliegend – auf die Rechtsfolgen eines Bußgeldbescheides grundsätzlich möglich ist (vgl. Senatsbeschluss vom 29. Mai 2019 – Ss Bs 5/2019 (27/19 OWi) –; Ellbogen in: KK-OWiG, 5. Aufl., § 67 Rn. 51; Seitz/Bauer in: Göhler, 18. Aufl., § 67 Rn. 34e, jew. m.w.N.; s.a. zur vergleichbaren Rechtslage hinsichtlich des Einspruchs gegen einen Strafbefehl: OLG Düsseldorf NStZ-RR 1997, 113, 114; Schmitt in: Meyer-Goßner/Schmitt, 65. Aufl., § 410 Rn. 4 ff. m.w.N.).

 b) Der Wirksamkeit der Einspruchsbeschränkung stehen auch keine inhaltlichen Mängel des Bußgeldbescheids entgegen. Dieser stellt eine hinreichende Grundlage für die Bußgeldbemessung dar. Unwirksam wäre die Beschränkung nur dann, wenn die Tat im Bußgeldbescheid nicht hinreichend konkretisiert wäre (vgl. Göhler, a.a.O., § 67 Rn. 34e). Dies ist nicht der Fall. Der Bußgeldbescheid konkretisiert die Tat nach Ort und Zeit hinreichend. Darüber hinaus ist dem Bußgeldbescheid neben der dem Betroffenen zur Last gelegten Schuldform – hier eine fahrlässige Begehungsweise – der Umstand zu entnehmen, dass eine vorhandene Voreintragung nach § 24a StVG, §§ 316 oder 315c Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a) StGB im Fahreignungsregister zur Anwendung der in Nr. 242.1 BKat normierten Regelsanktion führte. Ferner enthält der Bußgeldbescheid auch Ausführungen dazu, dass bei der dem Betroffenen zur Last gelegten Fahrt eine Konzentration eines berauschenden Mittels vorgelegen hat, die eine Beeinträchtigung der Fahrsicherheit zumindest als möglich erscheinen lässt (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 11. Februar 2010 – 3 Ss OWi 319/09 –, juris; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 02. November 2016 – IV-2 RBs 157/16 –, BeckRS 2016, 19216), nämlich eine den Grenzwert von 0,001 mg/l THC überschreitende Konzentration von 0,0097 mg/l THC.

 c) Dass das Amtsgericht die Wirksamkeit der Einspruchsbeschränkung übersehen hat, zwingt vorliegend nicht zur Aufhebung des angefochtenen Urteils. Zwar ist im Strafverfahrensrecht anerkannt, dass ein Berufungsurteil regelmäßig der Aufhebung unterliegt, wenn das Berufungsgericht eine wirksame Berufungsbeschränkung irrtümlich für unwirksam gehalten hat (vgl. Franke in: Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 337 Rn. 39). Dies gilt aber dann nicht, wenn der Angeklagte durch die Entscheidung des Berufungsgerichts nicht beschwert ist (vgl. OLG Hamm NStZ-RR 2010, 345), oder wenn die vom Landgericht getroffenen Feststellungen inhaltlich denen im amtsgerichtlichen Urteil entsprechen (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 18. Juli 2017 – 2 Rv 8 Ss 348/17 –, juris; Beschluss des 1. Strafsenats des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 27. Februar 2019 – Ss 6/2019 (3/19) –).

 Dies gilt übertragen auf die Rechtbeschwerde ebenso in den Fällen, in denen das Amtsgericht eine wirksame Einspruchsbeschränkung irrtümlich für unwirksam gehalten oder übersehen hat, so dass die angefochtene Entscheidung vorliegend nicht allein aus diesem Grund der Aufhebung verfällt. Die Feststellungen im Bußgeldbescheid stimmen inhaltlich mit denen des Amtsgerichts überein und das Amtsgericht hat auch keinen – zu Lasten des Betroffenen – vom Bußgeldbescheid abweichenden Schuldspruch gefasst.

 2. Aufgrund der wirksamen Einspruchsbeschränkung hat der Senat ausschließlich den Rechtsfolgenausspruch des amtsgerichtlichen Urteils auf Rechtsfehler zu überprüfen. Solche Rechtsfehler sind vorliegend nicht erkennbar.

OLG Saarbrücken Beschl. v. 8.5.2023 – 1 Ss (OWi) 8/23, BeckRS 2023, 11926

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