Busfahrer nutzt Handy: "Lebenslanges Fahrverbot" auf allen Linien der A-Verkehrsgesellschaft mbH ist unverhältnismäßig

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 23.08.2023
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht|4072 Aufrufe

Im Grunde ein arbeitsrechtlicher Fall (OLG Düsseldorf Urteil vom 21.8.2023 - VI-6 U 1/23 (Kart)), der allerdings auch eine kartellrechtliche Dimension aufweist: Der klagende Busfahrer war bei einem privaten Busunternehmen angestellt. Das Busunternehmen war als Subunternehmerin für die B GmbH tätig, die ihrerseits von der A-Verkehrsgesellschaft mbH, der Beklagten, beauftragt worden war. Der Kläger hatte am 22.6.2021 die Linie X im A-Netz befahren. Nachdem ein Fahrgast den Kläger bei der Handynutzung gefilmt und die Beklagte informiert hatte, sperrte diese den Kläger für die Zukunft auf allen ihren Linien. Das als Subunternehmerin tätige Busunternehmen kündigte aufgrund der Sperre dem Kläger fristlos.

Gegen die lebenslange Sperre erhob der Busfahrer Klage. Der 6. Kartellsenat des OLG Düsseldorf hat dem klagenden Busfahrer recht gegeben und die Beklagte verurteilt, gegenüber der B-GmbH mitzuteilen, dass die unter dem 7.7.2021 ausgesprochene Sperre für den Einsatz auf Linien der Beklagten aufgehoben ist. Die lebenslange Sperre sei - so der Senat - ein Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung. Die Beklagte habe in dem räumlich und sachlich relevanten Markt für Busfahrer im Öffentlichen Personen- und Nahverkehr im A-Kreis eine marktbeherrschende Stellung. Sowohl die lebenslange Sperrung des Klägers auf den Linien der Beklagten behindere den Kläger auf diesem Markt unbillig. Das Verhalten des Klägers sei nicht so schwerwiegend, dass eine lebenslange oder eine Sperre von fünf Jahren gerechtfertigt seien. Auch wenn die Benutzung des Handys während der Fahrt ein erheblicher Verkehrs- und Pflichtenverstoß gewesen sei, sei eine lebenslange Sperre nicht angemessen und daher unverhältnismäßig. So habe der Kläger seinen Arbeitsplatz aufgrund der unbefristeten Sperre verloren. Ferner sei es ihm bis heute unmöglich, im Öffentlichen Personen- und Nahverkehr im Rhein-Erft-Kreis einen neuen Arbeitsplatz zu finden, weil er die Linien der Beklagten nicht befahren dürfe. Auch führe eine verbotswidrige Nutzung eines Mobiltelefons während der Fahrt nach den Vorschriften der Straßenverkehrsordnung selbst in besonders schwerwiegenden Fällen nur zu einem mehrmonatigen, nicht aber zu einem lebenslangen oder mehrjährigen Fahrverbot. Nach arbeitsrechtlichen Grundsätzen wäre voraussichtlich nur eine Abmahnung in Betracht gekommen.

Offenbar hatte sich der Busfahrer gegen die ihm ausgesprochene Kündigung nicht mit einer Kündigungsschutzklage gewehrt. Die Bewertung des OLG, dass hier eine Abmahnung als milderes Mittel in Betracht zu ziehen war, ist nachvollziehbar. Man hätte allerdings auch an eine personenbedingte Kündigung denken können, war durch die lebenslange Sperre doch die Eignung in Frage gestellt. Das Arbeitsgericht hätte dann allerdings inzident die (kartellrechtliche) Zulässigkeit der Sperre prüfen müssen.

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