BGH: GmbH-Gesellschafterausschluss kann vor Zahlung der Abfindung wirksam werden

von Ulrike Wollenweber, veröffentlicht am 18.09.2023

Der BGH hat unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung entschieden, dass bei einem Ausschluss eines GmbH-Gesellschafters aus wichtigem Grund der Ausschluss bereits mit Rechtskraft des Urteils wirksam wird und nicht unter der Bedingung der Zahlung der Abfindung steht (Urteil vom 11. Juli 2023, II ZR 116/21). Gegenstand der Entscheidung war die Klage eines Gesellschafters auf Ausschluss seines einzigen Mitgesellschafters. Der Gesellschaftsvertrag enthielt hierzu keine Regelung.

Gesellschafterausschluss entfaltet mit Rechtskraft des Urteils Wirksamkeit

Nach der früheren Bedingungslösung des BGH war der gerichtliche Gesellschafterausschluss bedingt auf die Abfindungszahlung innerhalb einer bestimmten Frist. Dadurch konnte der ausscheidende Gesellschafter seine Mitgliedsrechte zunächst weiter ausüben und auch die Abfindungszahlung verzögern oder verhindern.

Diese Bedingungslösung hat der BGH für den Gesellschafterausschluss aufgrund einer Satzungsregelung bereits 2012 aufgegeben. Der Abfindungsanspruch sei durch die persönliche Haftung der übrigen Gesellschafter ausreichend gesichert. Die Haftungslösung überträgt der Senat nun auf den gerichtlichen Ausschluss aus wichtigem Grund.

Gesellschafterausschluss durch Urteil setzt Möglichkeit der Abfindungszahlung voraus

Der Gesellschafter könne allerdings gerichtlich nur ausgeschlossen werden, wenn die Abfindung ohne Verletzung des Kapitalerhaltungsgebots nach § 30 Abs. 1 GmbHG gezahlt werden könne. Hierfür könne die – ggf. erst im Rahmen eines Prozesses gemachte – Zusage des verbleibenden Gesellschafters genügen, die GmbH finanziell mit dem für die Abfindungszahlung notwendigen Betrag auszustatten. Diese könne einen in der Bilanz aktivierbaren Ausstattungsanspruch begründen. Im Ergebnis verweist der Senat die Sache zur weiteren Sachverhaltsaufklärung an das Berufungsgericht zurück.

Ausschließungsklage im Wege der actio pro socio in Zwei-Personen-GmbH zulässig

Weiterhin hat der Senat die Prozessführungsbefugnis des zweiten Gesellschafters bejaht und sich damit erstmals zur Zulässigkeit der actio pro socio für die Ausschließungsklage in einer Zwei-Personen-GmbH ausgesprochen. Dies sei gerechtfertigt, da die actio pro socio die Gesellschafter auch vor einer Beeinflussung der Geschäftsführung bei der Verfolgung ihrer Ansprüche schützen solle. Die Klage scheitere vorliegend nicht an der Subsidiarität der actio pro socio, da es dem Gesellschafter angesichts laufender Verfahren über die Personen der Geschäftsführung unzumutbar sei, zunächst die GmbH zur Klage zu zwingen.

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