EuGH schränkt Führerscheintourismus ein: Kommt es jetzt auf die richtige Vorbereitung an?
Gespeichert von Carsten Krumm am
Der EuGH hat sich zum wiederholten Male mit der Frage des Führerscheintourismus befasst. Es ging um zwei Betroffene (Wiedemann und Funk), die jeweils in Tschechien eine sog. "EU-Fahrerlaubnis" erworben hatten. Beide waren offenbar so ungeschickt gewesen, gegenüber den tschechischen Behörden bzw. im Verfahren vor der deutschen Verwaltungsbehörde anzugeben/zuzugestehen, zur Zeit der Erteilung ihres tschechischen Führerscheins ihren Wohnsitz in Deutschland gehabt zu haben. Sicher hatte nicht nur ich nach den bisherigen Entscheidungen des EuGH eigentlich erwartet, dass alle Versuche deutscher Behörden, in Nachbarländern unter derartigen Umständen erteilte EU-Fahrerlaubnisse "einzukassieren" von dem EuGH abgestraft werden. Nach dem Schlussantrag des Generalanwaltes Yves Bot vom 14. Februar 2008 jedoch kündigte sich bereits eine Umkehr an. Nun liegt die Entscheidung vom heutigen Tage im Volltext vor. Grundsätzlich bleibt es danach bei der gegenseitigen uneingeschränkten Anerkennung der in EU-Staaten ausgestellten Fahrerlaubnisse. Aus dem Info-Dienst Beck-Aktuell ist aber u.a. folgende Zusammenfassung zu entnehmen:
Allerdings könne ein Mitgliedstaat einer Person, auf die in seinem Hoheitsgebiet eine Maßnahme des Entzugs der Fahrerlaubnis in Verbindung mit einer Sperrfrist für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis angewandt worden sei, die Anerkennung eines von einem anderen Mitgliedstaat während dieser Sperrzeit ausgestellten neuen Führerscheins versagen. Dagegen könne ein Mitgliedstaat die Anerkennung eines von einem anderen Mitgliedstaat außerhalb einer Sperrzeit ausgestellten Führerscheins nicht mit der Begründung ablehnen, dass der Inhaber dieses Führerscheins die Voraussetzungen nicht erfüllt, die nach den Rechtsvorschriften des ersten Mitgliedstaats für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach dem Entzug einer früheren Fahrerlaubnis vorliegen müssen, einschließlich einer Überprüfung der Fahreignung, die bestätige, dass die Gründe für den Entzug nicht mehr vorlägen.
Der EuGH wies darauf hin, dass die Mitgliedstaaten aus Gründen der Sicherheit des Straßenverkehrs ihre innerstaatlichen Vorschriften über den Entzug der Fahrerlaubnis auf jeden Inhaber eines Führerscheins anwenden könnten, der seinen ordentlichen Wohnsitz in ihrem Hoheitsgebiet habe. Diese Befugnis könne jedoch nur aufgrund eines Verhaltens des Betroffenen nach Erwerb des von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins ausgeübt werden. Die Voraussetzung eines einzigen ordentlichen Wohnsitzes gewährleiste die Sicherheit des Straßenverkehrs, da sie unerlässlich sei, um die Einhaltung der Voraussetzung der Fahreignung zu überprüfen, so der EuGH in seiner Urteilsbegründung. Soweit in den vorliegenden Rechtssachen nicht anhand der von den deutschen Behörden stammenden Informationen, sondern auf der Grundlage von Angaben in den tschechischen Führerscheinen selbst oder anderen von der Tschechischen Republik herrührenden unbestreitbaren Informationen feststehe, dass die Wohnsitzvoraussetzung nicht erfüllt gewesen sei, könne Deutschland es ablehnen, in seinem Hoheitsgebiet die Fahrberechtigung anzuerkennen, die sich aus den fraglichen tschechischen Führerscheinen ergebe.
Ausführliche Besprechungen der Entscheidung werden sicher in den nächsten Monaten stattfinden.
Zu bemerken ist natürlich: Grundsätzlich verhält sich die Entscheidung nur über die Frage des Umgangs der Verwaltungsbehörden mit der sog. "EU-Fahrerlaubnis".
Eine wichtige Frage wird sein, ob die Entscheidung auch dazu führen wird, dass die Staatsanwaltschaften/Strafgerichte wieder Fahrten mit EU-Führeschein nach vorher erfolgter Entziehung/Versagung durch deutsche Behörden verfolgen werden. In den letzten Monaten hatte es hier erkennbar keine neuen Verurteilungen gegeben, da die Gerichte die EU-Fahrerlaubnisse ohne "wenn und aber" anerkannten.
Bei einer ersten knappen Durchsicht der Entscheidung steht natürlich zu vermuten, dass der Führerscheintourismus weitergeht und sich die Vermittler derartiger Angebote auf die Entscheidung einstellen werden ("Ist Ihre Sperre abgelaufen? Wohnen Sie im Ausstellerstaat? Können wir einen Wohnsitz vermitteln?"). Der Führerscheintourismus wird also (leider) weitergehen...