BGH: Altersgrenze für Notare ist keine unzulässige Diskriminierung wegen des Alters

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 28.08.2023
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht1|1863 Aufrufe

Die Problematik von Altersgrenzen ist dem Arbeitsrechtler gut bekannt. Jedenfalls solche Altersgrenzen, die an das reguläre Renteneintrittsalter anknüpfen, werden vom EuGH nicht als verbotene Altersdiskriminierung eingestuft. Während sich Altersgrenzen für Arbeitnehmer üblicherweise in Tarifverträgen und Arbeitsverträgen finden, existiert in Gestalt von § 47 Nr. 2, § 48a der Bundesnotarordnung (BNotO) eine gesetzliche Regelung, derzufolge das Amt des Notars mit dem Ende des Monats erlischt, in dem er das 70. Lebensjahr vollendet.

Hiergegen wehrt sich in dem jetzt vom BGH (Urteil vom 21. August 2023 - NotZ(Brfg) 4/22 Notarsenat, PM 145/23) entschiedenen Fall ein Anwaltsnotar, der im Laufe des Jahres 2023 das 70. Lebensjahr vollenden wird. Er macht geltend, die Altersgrenze verstoße gegen das sich aus Art. 21 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union sowie Art. 1, Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (nachfolgend: RL 2000/78) ergebende Verbot der Diskriminierung wegen des Alters. Die Altersgrenze sei angesichts eines mittlerweile eingetretenen erheblichen Nachwuchsmangels nicht mehr im Sinn von Art. 6 Abs. 1 RL 2000/78 objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt.

Der BGH bestätigt hingegen die gesetzliche Altersgrenze. Sie solle den Generationenwechsel erleichtern und den Berufsstand der Notare verjüngen und ist nach den vom Senat getroffenen Feststellungen zur Erreichung dieses Ziels nach wie vor erforderlich. Aus den zur Verfügung stehenden Zahlen lasse sich nicht ableiten, dass es für den Notarberuf einen Nachwuchsmangel aus demographischen Gründen gibt. Die Altersgrenze sei vor diesem Hintergrund nach wie vor erforderlich, um ein legitimes Ziel im Sinn von Art. 6 Abs. 1 RL 2000/78 zu erreichen. Blieben lebensältere Notare mit gut eingeführten Notarstellen und einem großen Stamm an Urkundsbeteiligten ohne Altersgrenze im Amt, hätten jüngere Rechtsanwälte keine hinreichende und planbare Aussicht auf wirtschaftlich leistungsfähige Notariate. Sie würden dann oftmals den erheblichen Aufwand für den Einstieg in den Nebenberuf nicht auf sich nehmen. Der Senat konnte daher nicht feststellen, dass der Gesetzgeber, der 2021 im Hinblick auf den bereits seinerzeit bestehenden Bewerbermangel im Bereich des Anwaltsnotariats einige Verbesserungen beschlossen (§ 48b und § 5b Abs. 3 BNotO), jedoch an der Altersgrenze festgehalten hat, dabei den ihm nach der Rechtsprechung des EuGH zukommenden Prognose- und Beurteilungsspielraum verletzt hat. Ein angemessener Interessenausgleich werde auch dadurch gewährleistet, dass die Altersgrenze für Notare deutlich über den im Bund und in den Ländern geltenden Pensionsaltersgrenzen liege und aus dem Amt ausscheidende Anwaltsnotare nicht gehindert seien, den Beruf des Rechtsanwalts weiterhin auszuüben und als Notarvertreter oder Notariatsverwalter tätig zu sein. Offenbar war die Rechtslage für den BGH so klar, dass er von einer Vorlage an den EuGH absehen konnte.

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1 Kommentar

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ja , das ist die sog.BGH-"Logik": Weil im Abwaltsnotariat viel zu wenig Bewerber da sind, muß altersmäßig ausgedünnt werden. Schwupps - dan sind's noch weniger Amtierende.

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