BVerwG: Kein Anspruch auf staatliche Suizidhilfe durch Erlaubniserteilung zum Erwerb eines tödlich wirkenden Betäubungsmittels

von Dr. Jörn Patzak, veröffentlicht am 12.11.2023

Das OVG Münster hat am 2.2.2022 entschieden, dass es keinen Anspruch auf eine staatliche Suizidhilfe durch Erlaubniserteilung zum Erwerb eines tödlich wirkenden Betäubungsmittels gibt (s. meinen Blog-Beitrag vom 7.2.2022).

Es ging um die Frage, ob das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) schwer erkrankten Personen eine Erlaubnis gem. § 3 Abs. 1 BtMG zum Erwerb von Natrium-Pentobarbital zum Zweck der Selbsttötung erteilen muss.

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) bestätigte nun die Entscheidung des OVG Münster (Urt. v. 7.11.2023 – 3 C 9.22). In der Pressemitteilung Nr. 81/2023 des BVerwG heißt es u.a.:

Das Bundesverwaltungsgericht hat die Revisionen der Kläger zurückgewiesen. Das Berufungsgericht hat im Einklang mit Bundesrecht entschieden, dass die beantragte Erlaubnis gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 6 BtMG zu versagen ist. Der Erwerb von Natrium-Pentobarbital zur Selbsttötung ist grundsätzlich nicht mit dem Zweck des Gesetzes vereinbar, die notwendige medizinische Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen. Medizinische Versorgung im Sinne der Vorschrift meint die Anwendung eines Betäubungsmittels zur Heilung oder Linderung von Krankheiten oder krankhaften Beschwerden. Eine solche therapeutische Zielrichtung hat die Beendigung des eigenen Lebens grundsätzlich nicht.

Schließlich ergibt sich ein Anspruch auf die beantragte Erwerbserlaubnis auch nicht ausnahmsweise unter dem Gesichtspunkt einer extremen Notlage im Sinne des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. März 2017 (BVerwG 3 C 19.15). Die Voraussetzungen einer solchen Notlage liegen bei den Klägern schon deshalb nicht vor, weil eine zumutbare Alternative zur Selbsttötung mit Natrium-Pentobarbital nach den verbindlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts auch für sie besteht. Sollte für einen der Kläger aufgrund seiner krankheitsbedingten Schluckbeschwerden nur ein intravenös anwendbares Arzneimittel in Betracht kommen, ergibt sich nichts Anderes. Das Oberverwaltungsgericht hat dargelegt, dass dieser vom Schultergürtel abwärts gelähmte Kläger das Mittel mithilfe eines Infusionsautomaten anwenden könnte, den er selbst steuert.

Zur erwähnten Entscheidung des BVerwG vom 2.3.2027 siehe den Beitrag von Kollegin Dr. Michaela Hermes mit dem Titel „Das BVerwG zur „schmerzlosen Selbsttötung“ – salomonische Lösung oder misslungene richterliche Rechtsfortbildung?“ vom 27.5.2017.

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