BKA-Gesetz beschäftigt nun das BVerfG
Gespeichert von Prof. Dr. Bernd von Heintschel-Heinegg am
Anwälte, Ärzte und Journalisten haben Verfassungsbeschwerde gegen das Ende 2008 beschlossene BKA-Gesetz eingereicht, das dem Bundeskriminalamt mehr Kompetenzen zur Terrorabwehr einräumt. Auch Bundestagsabgeordnete der Grünen, darunter Renate Künast, Claudia Roth, Jürgen Trittin und Volker Beck, kündigten eine Verfassungsbeschwerde an.
Nach Ansicht der sechs Beschwerdeführer, unter ihnen Ärztekammer-Präsident Jörg-Dietrich Hoppe, verändert das BKA-Gesetz eine wesentliche Struktur des Grundgesetzes, nämlich die Zuständigkeit der Länder für die polizeiliche Gefahrenabwehr. Das BKA-Gesetz sei keineswegs ein gewöhnliches Polizeigesetz, sagte der Berliner Anwalt Peter Schantz, der neben Gerhart Rudolf Baum und Burkhard Hirsch die Beschwerdeführer in Karlsruhe vertritt. Die Kläger monieren eine Verwischung der Zuständigkeit von Polizei und Geheimdiensten und kritisieren ihrer Ansicht nach unzulässige Eingriffe in die Privatsphäre. «Mit der Novelle des BKA-Gesetzes setzt sich der Trend fort, einseitig Sicherheitsbelangen auf Kosten der Freiheit der Bürger den Vorrang zu geben», heißt es in der Verfassungsbeschwerde. Charakteristisch sei «der mangelhafte Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung und damit der sorglose Umgang mit der Menschenwürde».
Der frühere FDP-Bundesinnenminister Baum hält das Gesetz in vielen Punkten für verfassungswidrig. Er spricht von einer schleichenden Erosion der Grundrechte. «Wir erleben eine sicherheitspolitische Aufrüstung ohne Ende», sagte Baum, der bereits erfolgreich gegen ein nordrhein-westfälisches Gesetz zur Online-Durchsuchung geklagt hatte. Anwalt Schantz monierte, dass der Schutz der Berufsgeheimnisträger immer weiter aufgeweicht und ins Ermessen der Behörden gestellt werde. Jürgen Hardt, Vertreter der psychologischen Psychotherapeuten, sagte, er könne seinen Beruf nicht ausüben, «wenn ich nicht absolute Diskretion zusichern kann». Der Vorsitzende des Deutschen Journalistenverbandes Michael Konken sieht den Informantenschutz in Gefahr. Ulrich Schellenberg vom Deutschen Anwaltverein nannte die Abgrenzung zwischen Strafverteidigern, die vor Überwachung absolut geschützt sind, und den übrigen Anwälten praxisfern. «Wir haben alle die gleichen Rechte und gleiche Pflichten.»
Das Bundesinnenministerium reagiert gelassen. Es sei das gute Recht der Kläger, Karlsruhe anzurufen. Das Innenministerium habe aber die Pflicht, terroristische Gefahren abzuwenden. Das Gesetz erfülle die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts.
Aus der Datenbank beck-online
Baum/Schantz Die Novelle des BKA-Gesetzes - Eine rechtspolitische und verfassungsrechtliche Kritik, ZRP 2008, 137
Roggan, Das neue BKA-Gesetz - Zur Zentralisierung der deutschen Sicherheitsarchitektur, NJW 2009, 257