Spendenverteiler Justiz - geht alles mit rechten Dingen zu?
Gespeichert von Prof. Dr. Henning Ernst Müller am
Insbesondere durch die Anwendung des § 153a Abs.1 Nr.2 StPO, der auch im Rahmen von Absprachen eine große Rolle spielt (§ 257 c , § 153a Abs.2 StPO), werden durch die Justiz ganz beträchtliche Summen in gemeinnützige Vereine und Einrichtungen geleitet. Gleiches erfolgt bei Anwendung von § 56 b Abs. 2 Nr. 2 StGB sowie § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, 23 und 45 JGG. Staatsanwaltschaften und Gerichte haben hier eine relativ große Freiheit, welcher Organisation sie solche Spenden zukommen lassen. Allerdings gibt es auf Länderebene Verwaltungsvorschriften (hier die aus NRW), die auch eine gewisse Kontrolle gewährleisten sollen. Hierin heißt es z.B.:
Um den Anschein zu vermeiden, staatliches Handeln könne von den privaten Interessen der Amtsinhaber gesteuert sein, haben diese sich bei vorhandenen persönlichen Interessen jeder Amtshandlung zu enthalten. Diesem Grundsatz ist bei der Auswahl einer gemeinnützigen Einrichtung dadurch Rechnung zu tragen, dass auch nur der Anschein vermieden wird, diese könne von privaten Interessen beeinflusst sein.
Unabhängige Richter sind jedoch nicht unmittelbar an diese Vorschriften gebunden.
Aus Sicht der entsprechenden Vereine/Einrichtungen lohnt es sich, Beziehungen zur Justiz zu pflegen und am besten natürlich ein Anliegen zu verfolgen, das Staatsanwälte und Richter interessieren könnte. Im Vordergrund sollten dabei aus meiner Sicht Einrichtungen stehen, die sich um die Straftatprävention im weitesten Sinne (auch Einrichungen für Jugendliche und Integrationsprojekte gehören dazu), die Suchthilfe, Hilfe für Straftatopfer oder etwa die Wiedereingliederung von Strafentlassenen kümmern. Dass ausgerechnet der ADAC - bekannterweise ein millionenschwerer Lobbyverein der Autofahrer - einen großen Teil der Spenden zugewiesen bekommen haben soll, erscheint mir dagegen fragwürdig.
In den allermeisten Fällen werden mit den Geldbeträgen tatsächlich gute Zwecke verfolgt. Dennoch gilt auch hier: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser, um einem Wildwuchs und mögliche Interessenkollisionen zu vermeiden. Der Journalist David Schraven hat nun mit seinem Projekt "Spendengelder.correctiv" eine Recherche-Datenbank aufgebaut, um die Wege der Justizspenden transparent zu machen. Eingangs wird mit dem Satz: "Wie Richter und Staatsanwälte alljährlich Millionen fast ohne Kontrolle verteilen" angedeutet, es handele sich um einen Skandal. Ob es ein solcher ist, bedarf aber erst einmal der Recherche und Bewertung.
Einige Tageszeitungen haben dieses Projekt bereits aufgegriffen und berichten über die Spendenpraxis in ihrer jeweiligen Region (z.B. MZ zu Regensburg, TZ zu München).
Was sagen die Praktiker hier im Beck-Blog? Wie werden die Empfänger von Geldauflagen ausgewählt - wie sollten sie ausgewählt werden? An welchen Stellen ist das System verbesserungsbedürftig?