SPD-Gesetzentwurf sieht Streichung des § 622 Abs. 2 S. 2 BGB vor

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 28.02.2010

Die SPD-Fraktion hat einen "Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung des EuGH-Urteils (C-555/07) - Erweiterung des Kündigungsschutzes bei unter 25jährigen" vorgelegt (BT-Drs. 17/775). Mit diesem Gesetzentwurf sollen die Konsequenzen aus dem Kücükdeveci-Urteil des EuGH vom 19.1.2010 (C-555/07 = NZA 2010, 85,hierzu auch der Blog-Beitrag vom 19.1.2010) gezogen werden. Regelungsgegenstand des Entwurfs ist allein die Streichung der Vorschrift des § 622 Abs. 2 S. 2 BGB, wonach Beschäftigungszeiten, die vor Vollendung des 25. Lebensjahres angefallen sind, bei der Berechnung der Kündigungsfrist nicht berücksichtigt werden. Hierin hatte der EuGH eine unzulässige Diskrimierung wegen des Alters erblickt und entschieden, dass die Norm durch die nationalen Gerichte nicht mehr angewendet werden darf. Die sich daraus ergebende Rechtslage - so die SPD-Fraktion - sei für die Arbeitsvertragsparteien nur schwer zu durchschauen. Deshalb sei der Gesetzgeber gefordert, unverzüglich eine klare Regelung zu treffen, damit Arbeitgeber vor Ausspruch von Kündigungen die richtige Dauer der Kündigungsfrist berechnen können. Die Streichung hält des § 622 Abs. 2 S. 2 BGB hält die SPD-Fraktion für alternativlos. Dazu heißt es lediglich, ein Eingriff durch Verkürzung der Kündigungsfrist zu Lasten Älterer sei nicht angebracht. Das ist sicherlich eine politische Einschätzung, die nicht überall auf Zustimmung stoßen wird. Der Gesetzentwurf als solcher ist jedenfalls zu begrüßen, da die derzeitige Gesetzeslage in der Tat dringend bereinigt werden muß. Die Bezeichnung des Gesetzentwurfs ist allerdings ungenau. Denn von der Streichung des § 622 Abs. 2 S. 2 BGB profitieren natürlich auch Arbeitnehmer, die bereits älter als 25 Jahre sind. Von daher bedarf wohl auch die Aussage in der Begründung, dass die durch die Gesetzesänderung entstehenden Belastungen für Arbeitgeber gering seien, noch der Überprüfung anhand belastbaren Zahlenmaterials.

 

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1 Kommentar

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Da man davon ausgehen kann, dass die meisten Gerichte den § 622 II 2 BGB nicht mehr anwenden werden mit Blick auf die EuGH-Rechtsprechung, liegt in einer entsprechenden Gesetzesänderung wohl keine Mehrbelastung für die Arbeitgeber. Die Mehrbelastung besteht schon seit dem Urteil. Diese Belastung läßt sich nur wieder reduzieren, wenn das Gesetz so formuliert wird, dass es einen kürzeren Kündigungsschutz abhängig vom Alter herstellt. So eine Regelung mit der Argumentation "junge Leute sind flexibler, denen kann man auch eine kürzere Kündigungsfrist zumuten" und "erforderlich für die Flexibilität in Betrieben" könnte auch vor dem BVerfG und/oder dem EuGH Bestand haben.

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