BAG zu einem "Anlernvertrag"

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 28.07.2010

Missbräuchliche Gestaltungsformen im Zusammenhang mit der Berufsausbildung sind offenbar nicht selten. Das BAG (Urteil vom 27.7.2010 - 3 AZR 317/08) hatte sich jüngst mit einem als "Anlernvertrag" deklarierten Vertragsverhältnis zu befassen. Das Anlernverhältnis unterscheidet sich vom Berufsausbildungsverhältnis durch einen wesentlich engeren Zweck, da ein Anlernling eine Person ist, die in einem engeren Fachgebiet ein planmäßige Spezialausbildung erhält. Auch ist die Anlernzeit meist deutlich kürzer als die Berufsausbildung. Ein Anlernverhältnis kann unter § 26 BBiG fallen mit der Folge, dass eine Reihe von Vorschriften des BBiG Anwendung findet. Geht es den Parteien in der Sache nach jedoch um eine Ausbildung, so steht hierfür nach Ansicht des BAG nur das Berufsausbildungsverhältnis zur Verfügung. Soll ein solches nicht vereinbart werden, könne statt dessen auch ein Arbeitsverhältnis begründet werden. Es sei jedoch unzulässig, die Ausbildung in einem anderen Vertragsverhältnis nach § 26 BBiG, etwa einem "Anlernverhältnis" durchzuführen. Derartige Verträge seien wegen des Gesetzesverstoßes insgesamt nach § 134 BGB nichtig. Trotzdem eingegangene "Anlernverhältnisse" seien für den Zeitraum ihrer Durchführung entsprechend den Regeln über das Arbeitsverhältnis auf fehlerhafter Vertragsgrundlage (sog. faktisches Arbeitsverhältnis) wie ein Arbeitsverhältnis zu behandeln. Ausdrücklich nicht entschieden hat das BAG, ob sich der Arbeitgeber ohne Weiteres vorzeitig aus dem Rechtsverhältnis lösen kann oder dies wegen des Schutzzwecks des Berufsausbildungsgesetzes nicht möglich ist, wofür - so das BAG - einiges spreche.

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