Der unfolgsame Sohn

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 28.09.2011

 

Die Eltern hätten es gern gesehen, wenn ihr volljähriger Sohn an der Uni X studiert hätte.

 

Dies wollte er jedoch nicht, vielmehr präferierte er ein Studium an der Uni Y. Von dort bekam er aber eine Ablehnung, worauf er vor das Verwaltungsgereicht zog und für die Zulassungsklage Prozesskostenhilfe beantragte.

 

Die Verwaltungsrichter wiesen ihn daraufhin, dass ein Anspruch auf Prozesskostenvorschuss gegen die Eltern der beantragten PKH vorgehe.

 

Nun argumentierte der Sohn etwas sophisticated: Da seine Eltern ihm die Uni X vorgeschlagen hätten, seien sie zur Finanzierung eines Prozesses gegen die Uni Y nicht verpflichtet.

 

Dem mochte das OVG nicht folgen:

 

Der volljährige Kläger hat gegen seine Eltern grundsätzlich einen unterhaltsrechtlichen Anspruch auf Zahlung eines Prozesskostenvorschusses für den vorliegenden Rechtsstreit Dieser private, aus §§ 1360a Abs. 4, 1610 Abs. 2 BGB abgeleitete Anspruch geht dem öffentlich-rechtlichen Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe vor.

Er setzt voraus, dass ein Prozess in einer wichtigen persönlichen Angelegenheit des Kindes geführt wird. Das von dem Kläger zur Erlangung eines Studienplatzes betriebene Rechtsschutzverfahren betrifft eine solche wichtige persönliche Angelegenheit, weil es der Verwirklichung des Grundrechts auf freie Wahl der Ausbildungsstätte und der Kläger noch keine Lebensstellung erreicht hat, die es ihm ermöglicht, sich selbst zu unterhalten. Dem vermag die Beschwerde nicht mit Erfolg entgegenzuhalten, dass der Rechtsstreit vermeidbar gewesen wäre, wenn der Kläger das Studium an der von den Eltern vorgeschlagenen Universität in X. aufgenommen hätte. Die Zuerkennung des Prozesskostenvorschusses muss zwar nach § 1360a Abs. 4 Satz 1 BGB der Billigkeit entsprechen; auch darf die Rechtsverfolgung nicht mutwillig sein.

Eine Unbilligkeit oder Mutwilligkeit ergibt sich jedoch vorliegend nicht schon aus dem Wunsch des Klägers, an der Beklagten zu studieren. Einem volljährigen Kind ist es unterhaltsrechtlich unbenommen, seine Ausbildungs- und Berufswahl - auch gegen den Willen seiner Eltern - in eigener Verantwortung allein zu treffen. Unbillig ist hingegen ein Vorschussverlangen eines Kindes, das sich gegen nur unzureichend leistungsfähige Eltern richtet Ob dies vorliegend der Fall ist, entzieht sich der Beurteilung des Senats, da es der Kläger trotz verwaltungsgerichtlicher Aufforderung bis heute unterlassen hat, die wirtschaftlichen Verhältnisse seiner Eltern zu belegen. Diese Ungewissheit hinsichtlich seiner Bedürftigkeit geht - worauf das Verwaltungsgericht bereits zutreffend hingewiesen hat - zu seinen Lasten, da die Gewährung von Prozesskostenhilfe nach Beendigung des Rechtsschutzverfahrens voraussetzt, dass alle für die Bewilligung erforderlichen Nachweise spätestens bei Instanzende vorgelegen haben.

 

OVG Berlin-Brandenburg vom 13.09.2011 - OVG 5 M 44.10 = BeckRS 2011, 54255

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