BAG: Halbe Urlaubstage?

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 22.05.2018
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht|6779 Aufrufe

Seit längerer Zeit umstritten ist, ob Arbeitnehmer Anspruch auf "halbe" Urlaubstage haben können. Das BAG hat diese Frage zuletzt offen lassen können.

Ein aktuelles Urteil klärt immerhin, wie die Abgeltung (§ 7 Abs. 4 BUrlG) von Urlaubs-Bruchteiltagen zu berechnen ist. Die Klägerin war seit 2002 bei der Beklagten beschäftigt. Ende 2007 ging sie in Mutterschutz, sodann in Elternzeit. Sie wurde erneut schwanger und anschließend arbeitsunfähig krank. Von April bis September 2015 arbeitete die Klägerin - unterbrochen durch ihren Jahresurlaub - wieder. Das Arbeitsverhältnis endete am 30.9.2015. Sie verlangt Abgeltung des nicht genommenen Urlaubs aus den Jahren seit 2008. Ihre Klage hatte teilweise Erfolg.

Für einzelne Jahre stehen der Klägerin nur Urlaubsansprüche zu, z.B. 6,25 Tage für 2008 und 6,33 Tage für 2014. Zur Überzeugung des BAG sind die Bruchteile unter 0,5 weder auf- noch abzurunden:

Die Klägerin hat demnach gegen den Beklagten einen Anspruch auf Abgeltung von 6,25 Arbeitstagen Urlaub aus dem Jahr 2008. Dieser Anspruch ist nicht auf ganze Urlaubstage zu runden. Für eine Rundung fehlt es an der erforderlichen Rechtsgrundlage. Die tatbestandlichen Voraussetzungen, für die § 5 Abs. 2 BUrlG eine Rundung von Urlaubsansprüchen vorsieht, liegen im Streitfall nicht vor. ... § 5 Abs. 2 BUrlG schließt darüber hinaus nicht aus, dass einem Arbeitnehmer ein Urlaubsanspruch zusteht, der sich nach Bruchteilen bemisst. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist der Vorschrift im Umkehrschluss nur zu entnehmen, dass ein Urlaubsanspruch, der weniger als einen halben Tag umfasst, nicht aufzurunden ist, nicht aber, dass er ersatzlos entfällt (vgl. BAG 14. Februar 1991 - 8 AZR 97/70, BAGE 67, 217 - zu 2 der Gründe, unter Bezugnahme auf BAG 26. Januar 1989 - 8 AZR 730/87 - zu 4 der Gründe, BAGE 61, 52). Das arbeitsrechtliche Schrifttum hat sich dieser Sichtweise angeschlossen (...).

BAG, Urt. vom 23.1.2018 - 9 AZR 200/17, BeckRS 2018, 6522

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