LAG Thüringen: Keine Pflicht zur Mitteilung der privaten Handynummer

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 28.05.2018
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht|3405 Aufrufe

Ein großes Thema im Zusammenhang mit der Veränderung der Arbeitswelt ist die ständige Erreichbarkeit des Arbeitnehmers. So stellt sich beispielsweise die Frage, ob Arbeitnehmer verpflichtet sind, ihrem Arbeitgeber auf Verlangen ihre private Mobilfunknummer anzugeben.

Hierzu verhalten sich zwei neuere Urteile des LAG Thüringen (Urteile vom 16.5.2018 - 6 Sa 442 / 17 und 6 Sa 444 / 17, Medieninformation Nr. 3/18). In den zugrunde liegenden Fällen, hatte das kommunale Gesundheitsamt im Landkreis Greiz von seinen Angestellten neben der privaten Festnetznummer auch die Bekanntgabe der Handynummer verlangt, um diese im Notfall auch außerhalb des Bereitschaftsdienstes mobil erreichen zu können. Hintergrund war eine Systemänderung der Rufbereitschaft zur Einrichtung eines Notdienstes. Die Mitarbeiter sollten an Werktagen von den Rettungskräften per Zufallsprinzip angerufen werden können. Diese wehrten sich gegen diese Anordnung und bekamen nun vom Thüringer LAG recht. Die Erfurter Richter ließen offen, ob überhaupt eine Anspruchsgrundlage bestehe. Zumindest sei ein Anspruch durch das Thüringer Landesdatenschutzgesetz begrenzt. Die Pflicht zur Herausgabe der privaten Mobilfunknummer stelle einen erheblichen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar, welcher durch ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers gerechtfertigt sein müsse. Der Abwägungsprozess der beiderseitigen Interessen müsse ergeben, dass der Eingriff angemessen sei. Eine Pflicht zur Bekanntgabe der privaten Mobilfunknummer greife besonders tief in die persönliche Sphäre des Arbeitnehmers ein. Der Arbeitnehmer könne sich aufgrund der ständigen Erreichbarkeit dem Arbeitgeber ohne Rechtfertigungsdruck nicht mehr entziehen und so nicht zur Ruhe kommen. Auf die Wahrscheinlichkeit, tatsächlich kontaktiert und im Notfall herangezogen zu werden, komme es nicht an. Der Arbeitgeber habe durch die Änderung seines bestehenden Systems der Rufbereitschaft selbst die Problemlage herbeigeführt und ihm stünden andere Möglichkeiten zur Absicherung gegen Notfälle zur Verfügung. Die Revision wurde nicht zugelassen.

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