Kreativ verhandeln in Beruf und Alltag

von Gastbeitrag, veröffentlicht am 14.11.2023
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Kreativität bei Verhandlungen und im Alltag

Für Juristinnen und Juristen gehört Verhandeln zum täglichen Handwerk. Doch auch im Alltag gilt es immer wieder, gegenseitige Interessen auszuloten. Denn beim Verhandeln geht es im Grunde um nichts anderes, als eine für zwei Parteien akzeptable Lösung zu finden.

Dabei ist immer wieder Einfallsreichtum gefragt. In seinem Buch "Kreativität bei Verhandlungen und im Alltag" hat Rechtsanwalt Ivo Greiter hierzu jede Menge Beispiele für überraschende Konfliktlösungen zusammengetragen.

Kreativität ist lernbar

»Kreativität kann eingeübt werden«, davon ist der Autor Ivo Greiter überzeugt. »Man muss nur die richtige Technik entwickeln. um Kreativität zu lernen.« Dafür sind aus seiner Sicht drei Dinge nötig: Zum einen, zu erkennen, welche Fragen und Denkanstöße das eigene kreative Denken aktivieren. Zum anderen das Analysieren von kreativen Lösungen, welche andere gefunden haben. Und schließlich heißt es vor allem Üben.

Denkanstoß: einer teilt, der andere wählt

In erstaunlich vielen Situationen funktioniert das Grundmuster »einer teilt, der andere wählt«.

Ein Beispiel: Zwei Geschäftspartner, die zusammen ein florierendes Unternehmen aufgebaut hatten, an dem sie zur Hälfte beteiligt waren, wollten sich trennen. Beide waren darauf erpicht, die andere Hälfte des Unternehmens so billig wie möglich vom Partner zu übernehmen. Eine Versteigerung der Unternehmensanteile kam nicht in Frage.

Man einigte sich darauf, dass der eine Partner einen fairen Preis sowie die zusätzlichen Verkaufsbedingungen für die Hälfte des Unternehmens festlegen sollte.

Der andere Partner hatte anschließend die Wahl, ob er zum festgelegten Preis kaufen oder verkaufen wollte. Ivo Greiter: »Da der Partner, der die Entscheidung über Preis und Verkaufsbedingungen fallt, nicht weiß, ob er Käufer oder Verkäufer sein wird, ist er gezwungen Werte festzulegen, die für beide Seiten fair sind.«

Immer gut vorbereitet sein

»Der Erfolg bei einer Verhandlung hängt zum großen Teil von der Vorbereitung ab«, weiß Ivo Greiter. »Um bei Verhandlungen zu erkennen, welche ungewöhnlichen und kreativen Alternativen und Argumente denkbar sind, muss man das eigene Umfeld, das des Verhandlungspartners und das des Verhandlungsortes im Vorfeld betrachten und zu gestalten versuchen.« In diesem Zusammenhang nennt der Autor einen Punkt, der zunächst banal erscheinen mag, mit etwas Planung jedoch den Ausgang einer Verhandlung entscheiden kann: »Wer Einfluss auf die Sitzordnung hat, ist klar im Vorteil.«

Zu oft kommt es vor, dass das Finden einer Lösung daran scheitert, dass sich einer der Beteiligten dermaßen unwohl fühlt, dass er die Verhandlung abbricht. Etwa, weil die Sitzordnung ein Gefühl des Ausgeliefertseins vermittelt. Dies geschieht leicht, wenn sich, wie so oft üblich, zwei Verhandlungspartner gegenübersitzen und allein dadurch bereits auf Konfrontation gepolt sind.

Weichen Sie davon ab: »Bei Rechtshändern stellt der rechte Arm eine Barriere dar, bei Linkshändern der Linke. Wenn Sie auf Kooperation aus sind, setzen Sie sich seitlich zu Ihrem Verhandlungspartner, mit dem dominanten Arm weg von Ihrem Gegenüber«, rät Greiter. »Wird in einer Gruppe verhandelt, sehen Sie zu, dass Sie neben Ihrem stärksten Gegner zu sitzen kommen«, fährt der Autor fort. »Wir neigen alle dazu, uns möglichst weit von unseren Gegnern entfernt zu platzieren, doch damit bieten wir Raum für verbale Angriffe über den Tisch hinweg. Wer neben mir sitzt, kann mich dagegen nur schwer angreifen, dafür ist der Abstand schlichtweg zu klein.«

Neben Vorbereitung und Übung anhand der Auseinandersetzung mit Denkanstößen und Beispielen dürfen natürlich die eigene Fantasie und Vorstellungskraft nicht vergessen werden. Schon Albert Einstein stellte in Bezug auf Kreativität fest: »Fantasie ist wichtiger als Wissen, denn Wissen ist begrenzt.«

Dieser Text erschien zuerst in beck-aktuell - DAS MAGAZIN. Jetzt kostenlos abonnnieren.

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