Anträge beim Anteilstausch (§ 21 UmwStG) - in manchen Fällen gibt es gleich zwei (FG Köln v. 13.6.2023 – 15 K 1817/21)

von StB Dr. Martin Weiss, veröffentlicht am 18.01.2024
Rechtsgebiete: Steuerrecht|2412 Aufrufe

Anträge im „Einbringungsteil“ des Umwandlungssteuergesetzes (§§ 20 ff. UmwStG) – da wimmelt es nur so von Fußangeln. Den Antrag auf Minderbewertung bei § 20 Abs. 2 Satz 2 UmwStG („Einbringung von Sachgesamtheiten in Kapitalgesellschaften“) stellt die übernehmende Gesellschaft (§ 20 Abs. 2 Satz 3 UmwStG; BFH v. 15.6.2016 – I R 69/15, BeckRS 2016, 95508) – ganz im Gegensatz zum Verschmelzungsteil (§§ 3-19 UmwStG). Die Anzahl der möglichen Anträge bestimmt sich nach der Anzahl eingebrachter Sachgesamtheiten (BFH v. 13.9.2018 – I R 19/16, BeckRS 2018, 37836), so dass bei einem Formwechsel (auch fingiert, § 1a Abs. 2 KStG) so viele Anträge möglich sind, wie persönlich berechtige (§ 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UmwStG) Mitunternehmer vorhanden sind. Die Konsequenzen aus möglichen Fehlern bei der Antragstellung weist § 20 Abs. 3 Satz 1 UmwStG wiederum im Wege „materiell-rechtlicher Bindung“ dem Einbringenden zu. Verfahrensrechtlich ergibt sich mithin eine Notwendigkeit für eine „Drittanfechtung“ des Körperschaftsteuerbescheids der übernehmenden Gesellschaft (BFH v. 25.4.2012 – I R 2/11, BeckRS 2012, 95699).

Noch komplexer ist die Gesetzeslage bei § 21 UmwStG („Anteilstausch“). Die „liberalen“ Anwendungsvoraussetzungen (§ 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UmwStG) führen dazu, dass gerade hier häufig eine grenzüberschreitende Komponente vorhanden ist. Auch für eine Minderbewertung sind die Voraussetzungen des § 21 Abs. 1 Satz 2 UmwStG im Vergleich zu § 20 Abs. 2 Satz 2 UmwStG eher gering – ein „qualifizierter Anteilstausch“ und im Rahmen bleibende „sonstige Gegenleistungen“ sind hier wichtig.

Allerdings ist die „materiell-rechtliche Bindung“ an den Antrag der übernehmenden Gesellschaft (§ 21 Abs. 2 Satz 1 UmwStG) dann eher dünn ausgestaltet. Sie besteht zwar – wie bei § 20 Abs. 3 Satz 1 UmwStG – für den Veräußerungspreis der eingebrachten Anteile und die Anschaffungskosten der erhaltenen Anteile. Allerdings schreibt § 21 Abs. 2 Satz 2 UmwStG sogleich eine Abweichung vor, wenn für die eingebrachten oder erhaltenen Anteile nach der Einbringung das Recht der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich der Besteuerung des Gewinns aus der Veräußerung dieser Anteile ausgeschlossen oder beschränkt ist. Aufgrund der deutschen DBA, die sich meist an Art. 13 Abs. 5 OECD-MA 2017 orientieren (Vogel/Lehner/Reimer OECD-MA 2017 Art. 13 Rn. 225), kommt es häufig zu einer der beiden Varianten. Nach Satz 2 führt dies beim Einbringenden zum Ansatz des gemeinen Wertes, in Abweichung vom Ansatz nach § 21 Abs. 1 Satz 2 UmwStG bei der übernehmenden Gesellschaft.

An dieser Stelle kommt durch § 21 Abs. 2 Satz 3 UmwStG ein weiterer Antrag ins Spiel (BeckOK UmwStG/Dürrschmidt UmwStG § 21 Rn. 1440 ff.): Sollte Satz 2 des § 21 Abs. 2 UmwStG eine Bewertung zum gemeinen Wert gebieten, kann Satz 3 eine Minderbewertung bei einem qualifizierten Anteilstausch sicherstellen, wenn u.a. das deutsche Besteuerungsrecht an dem Gewinn aus der Veräußerung der erhaltenen Anteile nicht ausgeschlossen oder beschränkt ist. Das Verfahrensrecht dazu regelt u.a. § 21 Abs. 2 Satz 4 UmwStG, wonach dieser Antrag gerade nicht von der übernehmenden Gesellschaft, sondern vom Einbringenden spätestens bis zur erstmaligen Abgabe der Steuererklärung bei dem für seine Besteuerung zuständigen Finanzamt zu stellen ist. Die ansonsten bestehende „doppelte Buchwertverknüpfung“ löst sich damit auf (BMF v. 11.11.2011, BStBl. I 2011, 1314, Tz. 21.15).

Wer diesen Mechanismus „in action“ sehen will, kann das neue Urteil des FG Köln (v. 13.6.2023 – 15 K 1817/21, BeckRS 2023, 36828) lesen: Die Frage, wann und vor allem in welcher Form – auch konkludent – der Antrag nach § 21 Abs. 2 Satz 3 UmwStG gestellt werden muss, beschäftigt das Gericht in vielen Randziffern. Bei einem qualifizierten Anteilstausch mit einer europäischen übernehmenden Gesellschaft (§ 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UmwStG; BMF v. 11.11.2011, BStBl. I 2011, 1314, Tz. 21.04 iVm Tz. 20.04) wird das deutsche Besteuerungsrecht an den eingebrachten Anteilen durch die mit allen EU-Mitgliedsstaaten bestehenden DBA meist ausgeschlossen sein (Art. 13 Abs. 5 OECD-MA 2017; zudem fehlt es bereits am nationalen Steueranspruch, § 8b Abs. 2, 3 KStG, BFH v. 31.5.2017 – I R 37/15, BeckRS 2017, 128807). Bei einem unbeschränkt steuerpflichtigen Einbringenden wird allerdings eine Verhaftung der erhaltenen Anteile in diesen Fällen bestehen. So auch im Fall des FG Köln – allerdings konnten die Richter keine valide Antragstellung nach § 21 Abs. 2 Satz 4 UmwStG feststellen. Insbesondere finden sich ab Rz. 61 spannende und für die tägliche Arbeit relevante Ausführungen dazu, wann eine Steuererklärung im Sinne der Präklusionsregel des § 21 Abs. 2 Satz 4 UmwStG erstmalig abgegeben ist. Zudem kommt die wichtige Frage der konkludenten Antragstellung ab Rz. 70 auf den Prüfstand.

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