Jus Commune Europaeum: „Diese Werke schärfen den Blick auf unser Privatrecht"

von Gastbeitrag, veröffentlicht am 19.01.2024
Rechtsgebiete: Verlag|1536 Aufrufe
Jus Commune Europaeum

Kennen Sie die C.H.BECK-Reihe „Jus Commune Eurepaeum"? Falls nicht, stellen wir Ihnen heute diese besondere Reihe kurz vor - im Interview mit unserem Autor Prof. Dr. Dr.h.c.mult. Christian von Bar, FBA, MAE (European Legal Studies Institute).

Was ist das Ziel Ihrer Reihe Jus Commune Eurepaсum?
von Bar: Die Jus Commune Eurepaeum Reihe ist ähnlich angelegt wie die „grüne" Reihe der großen Beck'schen Lehrbücher. In ihr habe ich meinen Weg als Autor vor etwa fünfunddreißig Jahren mit einem Zweibänder zum Internationalen Privatrecht begonnen. Es handelt sich also um Lehr- und Handbücher zu jeweils bestimmten Teilrechtsgebieten des Privatrechts. Bislang sind je zwei zweibändige Werke zum Delikts- und zum Sachenrecht erschienen, vor kurzem zudem ein einbändiges Werk zum Recht der natürlichen Person. Derzeit arbeiten wir an einem „Methodenrecht", stecken aber noch in den Anfängen.

Was ist das Besondere an der Reihe?
von Bar: Das Besondere der Reihe besteht darin, dass sie die Staaten der Europäischen Union wie einen einzigen Rechtsraum betrachtet. Wir begreifen nationale Unterschiede als bloße Ausprägungen natürlicher Meinungsvielfalt, deuten sie also nicht anders als Meinungsunterschiede innerhalb ein und derselben Rechtsordnung. Der Anspruch besteht darin, so detailgenau zu sein, wie man wäre, wenn man nur über seine eigene Rechtsordnung schriebe, die natürlich prominent vertreten bleibt. Der Leser findet in der Reihe keine Landesberichte, sondern integrierte, allein auf das jeweilige Sachproblem konzentrierte Darstellungen und Analysen. Auf diese Weise entsteht ein systematisch geordneter Zugang zum Privatrecht innerhalb der Europäischen Union. Er gründet auf den gewachsenen Traditionen der mitgliedstaatlichen Rechte, nicht auf dem Unionsprivatrecht. Auf den Gebieten, die wir bislang erschlossen haben, existiert es ohnehin noch nicht oder nur in sehr geringem Umfang.

Ihre Werke wären also unter „Recht des Auslands" völlig falsch einsortiert?
von Bar: Korrekt. Meine Bemühungen, den Verfassern der Beckschen Kataloge nachvollziehbar zu machen, dass sich die Reihe nicht, jedenfalls nicht primär als eine Serie von Büchern zur „Rechtsvergleichung" oder gar zum „ausländischen Recht" versteht, sind zwar gescheitert. Aber es ist dennoch so: Die Bücher befassen sich mit „Deliktsrecht". „Sachenrecht" und „Personenrecht". Sie demonstrieren lediglich, dass diese - und andere - Teilrechtsgebiete des Privatrechts einer inneren Eigengesetzlichkeit folgen, die wirkmächtiger ist als territoriale Grenzen.

Was ist der neueste Titel der Reihe?
von Bar: Das ist das „Gemeineuropäische Privatrecht der natürlichen Person". Es geht um alles, was den Menschen rechtlich ausmacht, wenn man so will: um alle privatrechtlichen Aspekte seiner in seiner Person gebündelten Würde. Das Recht der Person bildet den Gegenpol zum Recht der Sachen. Menschen dürfen nicht auf Objekte reduziert werden. Das moderne Personenrecht steht deshalb unter intensivem Einfluss der Grund- und Menschenrechte. Auch das Privatrecht ist eben nicht grundrechtsneutral. Das zwingt in praktisch allen Teilmaterien des Personenrechts zu neuem Nachdenken: bei dem, was man in Deutschland „Rechtsfähigkeit" „Rechtsfähigkeit" nennt nicht minder als auf dem Gebiet der „Geschäftsfähigkeit", bei Verträgen und Absprachen über den Körper nicht minder als bei der Selbstbestimmung in jungen Jahren, in Perioden der Schwäche und beim Sterben, bei Fragen der Geschlechtszugehörigkeit nicht minder als in den namensrechtlichen Spannungsfeldern zwischen dem Einzelnen und seiner Familie.

An wen richtet sich die Reihe?
von Bar: An jeden, der Interesse an einem der Gegenstände der Reihe hat. Besonders schön wäre es, wenn die Bücher ihren Weg zu Lesern und Leserinnen finden würden, die mit mir die Neugierde teilen, ob sich der Blick auf unser Privatrecht schärft, wenn man es als Teil einer großen Familie von Rechtsordnungen wahrnimmt.

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