Die Tätigkeit des Notars in Zeiten ständiger Reformen - eine immense Herausforderung

von Gastbeitrag, veröffentlicht am 08.02.2024
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Heckschen Notarhandbuch

Selten hat eine derartige Vielzahl von Reformen die Praxis des Notars derart beeinflusst wie in den letzten vier Jahren.

Von Prof. Dr. Heribert Heckschen, Notar in Dresden

I. Schuldrecht, Immobilien, Vormundschaft und Betreuung
Die erneute Reform des Schuldrechts berührt das Immobilienkaufvertragsrecht und das Recht des Bauträgervertrages massiv. Das WEMoG reformiert das Recht der Wohnungseigentümer, gleichzeitig schlägt sich hier auch die Digitalisierung nieder.

Die Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts hat Auswirkungen auf Immobilienkaufverträge, Grundstückszuwendungen, aber auch auf das Gesellschafts-, Familien- und Erbrecht. Gleichzeitig beeinflusst sie die in der notariellen Praxis immer wichtiger werdenden Vorsorgevollmachten.

II. Gesellschaftsrecht
Die Jahrhundertreform des Personengesellschaftsrechts führt dazu, dass das Recht der GbR endlich umfassend kodifiziert wird. Gleichzeitig wird aber auch das Recht der Personenhandelsgesellschaften ganz maßgeblich neu justiert und beispielsweise allen Freiberuflern unter Vorbehalt ihres Berufsrechts der Zugang zur Personenhandelsgesellschaft (insbesondere GmbH & Co. KG) gewährt.

Das MoPeG führt nicht nur durch Einführung des Gesellschaftsregisters zur Einbindung des Notars in einen ganz wichtigen neuen Verfahrensbereich, es schlägt sich auch massiv im Bereich der Praxis der hunderttausenden Immobiliengesellschaften nieder.

Ohne Kenntnis der gesellschaftsrechtlichen Verfahrensregelungen lässt sich ein für die notarielle Praxis wichtiger Bereich, nämlich der Immobilienverträge unter Einbeziehung einer GbR, nicht bewältigen.

Auch in weiteren Bereichen ist das Gesellschaftsrecht vom Reformwillen des Gesetzgebers, der teilweise auch durch die EU gefördert wurde, betroffen. Neben dem MoPeG ist hier insbesondere die größte Reform des Umwandlungsrechts seit 1995 (UmRUG) sowie die Reform des Stiftungsrechts zu erwähnen.

III. Erbrecht
Das Erbrecht wird zwar nicht unmittelbar durch in die §§ 1922 ff. BGB eingreifende Reformen neu strukturiert, mittelbar aber haben die Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts sowie die Reformen im Bereich des Personengesellschaftsrechts gravierende Auswirkungen.

Darüber hinaus war die Rechtsprechung gerade in diesem Bereich nicht untätig: Zu nennen sind insbesondere die Entscheidungen des IV. Zivilsenats zum Bereich des Pflichtteilsrechts (ordre public, Auswirkungen des Abfindungsausschlusses im Gesellschaftsvertrag auf das Pflichtteilsrecht).

IV. Digitalisierung
Die Digitalisierung des Rechts wird besonders im Gesellschaftsrecht deutlich, wo Online-Verfahren für die GmbH ebenso tiefgreifend in den notariellen Alltag eingreifen wie die Möglichkeit, Registeranmeldungen beinahe aller Rechtsträger auf diese Weise vornehmen zu können. Darüber hinaus stellen virtuelle Versammlungen nicht nur den Gesetzgeber vor Herausforderungen, sondern vor allem die Praxis der Vertragsgestaltung.

Virtuelle Versammlungen hat der Gesetzgeber nicht nur für die Aktiengesellschaft, sondern auch für den Verein, die Genossenschaft und die Versammlungen hat der Gesetzgeber nicht nur für die Aktiengesellschaft, sondern auch für den Verein, die Genossenschaft und die GmbH ermöglicht und er geht davon aus, dass diese bei den Personengesellschaften ohne weiteres
möglich sind. Es reicht aber nicht, lediglich den Gesellschaftsvertrag dahingehend zu erweitern, dass auch virtuelle Versammlungen möglich sind. Vielmehr muss hier detailliert reagiert werden.

- Wie schafft die Vertragsgestaltung funktionelle Äquivalenz?
- Sind virtuelle Versammlungen für alle Verhandlungsgegenstände die optimale Lösung?

Massive Eingriffe in das Grundbuchverfahrensrecht sowie das Recht der Handelsregisterverfahren sind neben den Reformen im materiellen Recht ebenfalls zu bewältigen.

V. Steuerrecht, Berufsausübung, Geldwäsche
Schneller als im Bereich des Steuerrechts bewegt sich das Recht fast nirgendwo. Die Digitalisierung prägt auch die Amtsführung des Notars mit Bezug auf seine Verzeichnisse und Akten und macht hier eine komplette Neujustierung des notariellen Alltags notwendig. Der Gesetzgeber hat ferner auch die DONot reformiert.

Die in enger Abfolge durch die EU veranlassten ständigen Verschärfungen der Vorschriften betreffend die Geldwäsche nehmen wesentliche Arbeitszeit des Notars in Anspruch und haben gerade in den letzten vier Jahren den notariellen Alltag mitbestimmt und massive Haftungsgefahren ausgelöst.

VI. Fazit
Die Herausforderungen an den Notar sind riesig, ein zuverlässiger Ratgeber ist seit Jahrzehnten das Notar-Handbuch. Selten musste es in einem derartig großen Umfang neu bearbeitet werden, wie bei dieser nun der Praxis vorgelegten 8. Auflage.

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