Man sollte BAG-Richter nicht wegen ihres Alters diskriminieren

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 12.02.2024
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht|648 Aufrufe

Das hat jetzt eine Bank am ehemaligen Sitz des Gerichts in Kassel erfahren. Sie hatte dem Kläger, pensionierter Vorsitzender Richter am BAG und inzwischen 88 Jahre alt, eine Kreditkarte mit einem Verfügungsrahmen von 2.500 Euro und unbefristeter Laufzeit verweigert. Diese hatte er 2022 über das Internetportal der beklagten Bank beantragt. Sollte eigentlich kein Problem sein, wenn man 6.400 Euro Pension monatlich bezieht. War es aber: Den Antrag wies die Bank per E-Mail mit der Begründung zurück, "die Prognose der Rückzahlung eines über eine Kreditkarte gewährten Kredites sei im Hinblick auf das Alter des potentiellen Kreditnehmers ungünstig".

Das ließ der Kläger nicht auf sich sitzen und erhob Klage auf Entschädigung (§ 21 Abs. 2 Satz 3 AGG - wir sind, trotz des Person des Klägers, nicht im Arbeits-, sondern im allgemeinen Zivilrecht). Die Bank wehrte sich: "Sie stellt in Abrede, dass der Abschluss eines Kreditkartenvertrages ein Massengeschäft i.S.d. AGG darstelle und es damit an einer Voraussetzung für einen Entschädigungsanspruch fehle. Hilfsweise beruft sie sich darauf, dass ein sachlicher Grund für ihre Entscheidung vorliege. Mit zunehmendem Alter eines potentiellen Vertragspartners steige die Gefahr des Versterbens und infolge des Versterbens das Risiko der fehlenden Durchsetzbarkeit eines etwaigen Rückforderungsanspruches gegenüber Erben oder im Falle einer unklaren erbrechtlichen Situation. Der beispielsweise mit der Erbenermittlung verbundene erhöhte Verwaltungsaufwand sei ein Grund, einen derartigen Vertrag nicht abzuschließen. Auch sei der Kläger in seiner Lebensführung nicht beeinträchtigt, wenn er nicht über eine Kreditkarte verfüge. Außerdem halte sie weiter hilfsweise den geforderten Entschädigungsbetrag für zu hoch."

Damit vermochte sie beim Amtsgericht Kassel jedoch nicht durchzudringen. Peinlich für das Gericht ist allerdings, dass einem der markigsten Sätze der Urteilsbegründung (Rn. 28 bei BeckOnline) das zentrale Wort "nicht" fehlt. Es ist hier - in Klammern und mit dem Hinweis auf meine Urheberschaft - ergänzt: "Die Verweigerung eines Kreditkartenvertrages mit vergleichsweise geringem Kreditvolumen (Verfügungsrahmen 2.500 €) durch die Beklagte stellt damit einen aus wirtschaftlichen Gründen (nicht - C.R.) zu rechtfertigenden erheblichen Affront gegen dieses soziale Renommee dar."

Folge:

1. Die Ablehnung eines Kreditkartenvertrages wegen des Alters eines 88-jährigen potentiellen Neukunden, der über ein den Verfügungsrahmen des beabsichtigten Vertrages um deutlich mehr als das doppelte hinausgehendes Monatseinkommen verfügt, stellt eine nicht gerechtfertigte Diskriminierung wegen des Alters dar.
2. Eine Entschädigung in Höhe von 3.000,00 EUR hierfür ist angemessen.

Amtsgericht Kassel, Urt. vom 7.9.2023 - 435 C 777/23, BeckRS 2023, 28823

Für diejenigen, die sich außer für die Rechtsfrage auch für den Namen des Klägers interessieren: Den gibt es auf becklink 2029815 oder in VuR 2024, 18 (Fußnote 2: Der Kläger ist Verfasser dieses Beitrages).

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