Unternehmensbewertung vor Gericht

von Prof. Dr. Claus Koss, veröffentlicht am 16.05.2017
Rechtsgebiete: WirtschaftsrechtBilanzrechtRechnungswesen|2943 Aufrufe

In dem Streitfall ging es um die Abfindung der Aktionäre eines beherrschten Unternehmens. Das OLG Frankfurt verwarf die Ermittlung des Abfindungsanspruches allein auf Grundlage des Börsenwertes. Trotz des im vorliegenden Fall bestehenden Beherrschungsvertrags komme es auf den Ertragswert an.
Der Ertragswert sei insbesondere deswegen relevant, weil dieser den Börsenwert überstieg. Zur Ermittlung des Ertragswertes machte sich der Senat die Ergebnisplanung gemäß Übertragungsbericht zu eigen, da sie dem Gericht plausibel und somit nicht korrekturbedürftig erschien. Korrekturen nahm das Oberlandesgericht jedoch bei der Ausschüttungsquote in der Detailplanungsphase, dem Kapitalisierungszinssatz (Basiszinssatz und Betafaktor) sowie die Wachstumsrate in der Rentenphase vor. Den für eine überschlägige Ermittlung des Transaktionswertes verbreiteten Multiplikatoren maß das Gericht keinen weiteren Erkenntnisgewinn zu.

Der Begründung ist zu entnehmen, dass das Gericht auf die Umstände des Einzelfalls abstellte. Bei der Ermittlung des Unternehmenswertes nach § 287 Abs. 2 ZPO analog sind Schätzungen unabdingbar. Diese, so das Gericht müssten nicht das Bewertungsziel bestmöglich erreichen, es reiche aus, dass das Gericht Methoden und Schätzungen für tragfähig, geeignet und aussagekräftig hält.

Intensiv beschäftigte sich das OLG Frankfurt mit dem risikoadäquaten Diskontierungszinssatz. Die vom Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e. V. (IDW) für die Unternehmensbewertung veröffentlichten Marktrisikoprämien erkannte das Gericht für den Regelfall als Bestandteil einer tragfähigen Grundlage für die Schätzung. Im Einzelfall angepasst werden müssten jedoch die so genannten Betafaktoren. Diese orientieren sich an vergleichbaren Unternehmen (sog. Peer-Group) und müssten daher erst an die die Besonderheiten des vorliegenden Einzelfalls angepasst werden.

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OLG Frankfurt a. Main, Beschluss v. 17.01.2017 - 21 W 37/11, BB 2017, 1138, m. Anm. Schüler

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