Entsprechende Anwendung des § 8d KStG bei der Gewerbesteuer - gar nicht so einfach (FG Düsseldorf v. 7.3.2024 – 9 K 382/23)

von StB Dr. Martin Weiss, veröffentlicht am 19.04.2024
Rechtsgebiete: Steuerrecht|2651 Aufrufe

§ 8c KStG und kein Ende – nachdem der I. Senat des BFH durch seinen Beschluss vom 12.4.2023 (I B 74/22, BeckRS 2023, 15981) nach Auffassung der Literatur eine „faktische Außerkraftsetzung von § 8c KStG unabhängig von seiner jeweiligen Fassung“ (Suchanek/Rüsch, FR 2023, 787, 789) in die Welt gesetzt hat, sind nun auch die Ausnahmen von § 8c KStG – wie zuletzt die „Sanierungsklausel“ des § 8c Abs. 1a KStG – wieder im Blick. Zu diesen gehört auch § 8d KStG („fortführungsgebundener Verlustvortrag“), der auf einen Antrag seiner Rechtsfolge nach § 8c KStG nicht anwendbar stellt (§ 8d Abs. 1 Satz 1 KStG). Allerdings sind hierfür umfassende Voraussetzungen zu erfüllen, die bereits in einem ausführlichen Schreiben des BMF vom 18.3.2021 (BeckVerw 513780) verarbeitet sind.

Durch § 10a Satz 10 1. HS GewStG wird bei Körperschaften die entsprechende Anwendung des § 8c KStG auf ihre gewerbesteuerlichen Fehlbeträge angeordnet, so dass sich dieselbe Konfliktlage ergibt. Mit einem Schreiben der Obersten Finanzbehörden der Länder vom 19.3.2021 (BeckVerw 515480) wurde die gesetzlich in § 10a Satz 11, 12 GewStG vorgesehene „entsprechende“ Anwendung auf gewerbesteuerliche Fehlbeträge beleuchtet. Danach sind die Grundsätze des Schreibens vom 18.3.2021 auf die „Gewerbesteuer entsprechend anzuwenden“.

Entsprechende Konflikte sind dabei vorprogrammiert – wie etwa beim „Auseinanderfallen“ von körperschaftsteuerlichem Verlustvortrag (§ 8 Abs. 1 Satz 1 KStG iVm § 10d Abs. 4 EStG) und gewerbesteuerlichem Fehlbetrag (§ 10a Satz 6 GewStG). Dieser Unterschied ist durch die jüngsten Änderungen in § 10d Abs. 2 Satz 1 EStG durch das Wachstumschancengesetz – Erhöhung von 60 Prozent auf 70 Prozent „des 1 Million Euro übersteigenden Gesamtbetrags der Einkünfte“ – jedenfalls nicht geringer geworden. § 10a Satz 12 GewStG sieht insoweit eine Lösung vor, wonach isoliert für gewerbesteuerliche Zwecke eine Antragstellung zur entsprechenden Anwendung des § 8d KStG möglich ist (BeckOK GewStG/Weiss GewStG § 10a Rn. 1165 ff.).

Einen weiteren „pain point“ hat nun das FG Düsseldorf in seinem Urteil vom 7.3.2024 (9 K 382/23, BeckRS 2024, 7143) aufgegriffen. Die verlustbehaftete Klägerin, eine Kapitalgesellschaft, war seit einigen Jahren zu ca. 67 % an einer Mitunternehmerschaft als Kommanditistin beteiligt. Zum 31.12.2020 wurden sämtliche Anteile an der Klägerin an einen Dritten veräußert, während zur gleichen Zeit gewerbesteuerliche Fehlbeträge (§ 10a Satz 6 GewStG) von ca. 210.000 EUR (bei der Körperschaft selbst) bestanden. Diese wären nach dem Wortlaut des § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG – hier nach § 10a Satz 10 1. HS GewStG entsprechend anzuwenden – vollumfänglich weggefallen, da offenbar rechtsfolgenseitig auch die „Stille-Reserven-Klausel“ des § 8c Abs. 1 Satz 5-8 KStG nicht einschlägig war. § 8d KStG – hier nach § 10a Satz 11, 12 GewStG entsprechend anzuwenden (zur zeitlichen Anwendung im Streitjahr § 36 Abs. 5a GewStG) – wäre seinem Wortlaut nach ebenfalls nicht denkbar, da § 8d Abs. 1 Satz 1 KStG nicht gilt, wenn die Körperschaft zu Beginn des dritten Veranlagungszeitraums (bzw. hier Erhebungszeitraums…), der dem Veranlagungszeitraum nach § 8d Abs. 1 Satz 5 KStG vorausgeht, u.a. an einer Mitunternehmerschaft beteiligt ist (§ 8d Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 KStG).

Lässt sich diese Anordnung des Körperschaftsteuerrechts auch bei entsprechender Anwendung des § 8d KStG im Rahmen des § 10a Satz 11, 12 GewStG durchhalten? Das FG Düsseldorf kommt zu der nachvollziehbaren Auffassung, dass die körperschaftsteuerliche Regelung hier nicht greifen sollte. Die „entsprechende“ Anwendung der §§ 8c und 8d KStG habe der Gesetzgeber erkennbar mit dem „Hintergedanken“ eingefügt, dass die Normen des KStG für gewerbesteuerliche Zwecke ggf. einschränkend bzw. angepasst anzuwenden seien, „um gewerbesteuerlichen Besonderheiten Rechnung zu tragen“. In diesem Fall besteht die gewerbesteuerliche Besonderheit in der strikten „Isolierung“ der Gewerbebetriebe der Mitunternehmerschaft gegenüber dem Gewerbebetrieb ihres Gesellschafters (§ 8 Nr. 8 GewStG, § 9 Nr. 2 GewStG; Weiss, DStR 2023, 1097). Die beteiligte Gesellschaft könne daher von den Verlusten der nachgeschalteten Mitunternehmerschaft weder über eine Verlustzurechnung „profitieren“ noch sei eine Art „Mantelkauf“ mit dem Ziel der Verlustübernahme zur Reduzierung der eigenen Gewerbesteuerbelastung möglich.

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