BAG zur Gleichbehandlung bei Sonderzahlungen

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 06.08.2009

Arbeitnehmer, die einer Änderung ihres Arbeitsvertrages widersprochen haben, dürfen nicht von Sonderzahlungen ausgenommen werden. Das ist die Quintessenz eines Urteils des BAG vom 5.8.2009 (10 AZR 666/08).

Im konkreten Fall hatte ein in einer Druckerei beschäftigter Facharbeiter auf eine Sonderzahlung für das Jahr 2005 in Höhe von 300 Euro brutto geklagt. Zuvor hatte die Arbeitgeberin ihren ca. 360 Arbeitnehmern im Rahmen ihres Standortsicherungskonzepts eine Änderung der Arbeitsbedingungen angetragen. Das Änderungsangebot sah u.a. eine unbezahlte Erhöhung der Wochenarbeitszeit von 35 auf 40 Stunden und den Entfall von Freischichten vor. Mit Ausnahme des Klägers und sechs weiterer Arbeitnehmer nahmen alle Beschäftigten das Änderungsangebot an. In einem Schreiben vom Dezember 2005 teilte die Arbeitgeberin mit, dass alle Arbeitnehmer, mit denen sie Änderungsverträge geschlossen habe und die sich am 31.12.2005 in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis befinden, eine einmalige Sonderzahlung in Höhe von 300 Euro brutto erhalten. Der Kläger hat gemeint, seine Arbeitgeberin habe ihm die Sonderzahlung nicht vorenthalten dürfen. Dies verstoße gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz und das Maßregelungsverbot des § 612a BGB.

Anders als in den Vorinstanzen hatte der Kläger beim BAG Erfolg. Ihm steht nach Auffassung des Zehnten Senats nach dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz die beanspruchte Sonderzahlung zu. Zwar durfte die Arbeitgeberin bei der Sonderzahlung an sich die unterschiedlichen Arbeitsbedingungen berücksichtigen. Der Zweck der Sonderzahlung erschöpfte sich jedoch nicht in einer teilweisen Kompensation der mit den Änderungsverträgen für die Arbeitnehmer verbundenen Nachteile. Aus der Ausnahme von Arbeitnehmern, die sich am 31.12.2005 in einem gekündigten Arbeitsverhältnis befanden, werde deutlich, dass die Arbeitgeberin mit der Sonderzahlung auch vergangene und zukünftige Betriebstreue honorieren wolle.

Diese – der Pressemitteilung entnommene und daher u.U. stark verkürzte – Begründung vermag nicht zu überzeugen. Die Arbeitgeberin hatte zwei Differenzierungen vorgenommen: Auf der ersten Stufe hatte sie diejenigen Arbeitnehmer mit der Sonderzahlung bedacht, die der Änderung ihrer Arbeitsverträge zugestimmt hatten. Davon hatte sie in einer zweiten Stufe diejenigen Arbeitnehmer rückausgenommen, deren Arbeitsverhältnis am 31.12.2005 nicht mehr ungekündigt bestand. Dem mag die Erwägung zugrunde gelegen haben, dass sie die wirtschaftlichen Nachteile, die die Vertragsänderung für die Arbeitnehmer zur Folge hatte, nur bei denjenigen unter ihnen teilweise durch die Sonderzahlung ausgleichen wollte, die längerfristig im Unternehmen verblieben. Dass auch der Kläger diese zweite Voraussetzung erfüllte, besagt aber noch nichts über die Rechtfertigung seiner Ungleichbehandlung auf der ersten Stufe.

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

Kommentare als Feed abonnieren

Kommentar hinzufügen