BGH: Pflichtteilsverzicht eines behinderten, geschäftsfähigen Kindes ist wirksam

von Dr. Claus-Henrik Horn, veröffentlicht am 05.04.2011

Der BGH hat die Wirksamkeit eines notariellen Pflichtteilsverzichtes bestätigt (19.01.2011, IV ZR 7/10), den ein – geschäftsfähiges – behindertes Kind seinen Eltern gegenüber vor einem Notar erklärt hat. Damit ist ein solcher Verzicht nicht sittenwidrig. Die Entscheidung geht zu Lasten der Sozialhilfeträger, da das Kind so weiterhin Sozialleistungen beziehen kann, auch wenn es nach dem Ableben des Elternteils potentiell pflichtteilsberechtigt ist.

Die Sittenwidrigkeit hatte der klagende Sozialhilfeträger angenommen, der die Sozialleistungen zugunsten des behinderten Kindes zu zahlen hat. Der Sozialhilfeträger hatte sich den potenziellen Pflichtteilsanspruch des behinderten Kindes übergeleitet und stellte nun Ansprüche gegen die den Verstorbenen alleine beerbende Ehefrau. Der Sozialleistungsträger geht nun leer aus.

Für die Testamentsgestaltung von Eltern zugunsten ihrer behinderten Kinder ist diese Entscheidung sehr bedeutsam. Ich berate derzeit ein Familie, dessen behindertes, aber (noch) geschäftsfähiges Kind demnächst einen Pflichtteilsverzicht erklären wird. Die BGH-Entscheidung sichert die Rechtmäßigkeit.

Oftmals können aber Behinderte keinen Pflichtteilsverzicht erklären, da sie geschäftsunfähig sind. Eigentlich würde der Sozialhilfeträger dann den Pflichtteilsanspruch nach einem verstorbenen Elternteil einziehen oder andere Erbansprüche geltend machen. Es gibt aber testamentarische Gestaltungen, wonach Eltern es ihrem behinderten Kind ermöglichen, dauerhaft über dem Sozialhilfeniveau zu leben und ein etwaiges Resterbe bei dem Tode des behinderten Kindes an andere Personen, zumeist die gesunden Kinder, geht. Im Wesentlichen besteht in der Gestaltung die Vor- und Nacherbschaftslösung bzw. die Vermächtnislösung.

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