Wer anderen eine Grube gräbt (wäre ein schöner Examensfall)

von Hans-Otto Burschel, veröffentlicht am 24.01.2012
Rechtsgebiete: SittenwidrigkeitZugewinnFamilienrecht|4520 Aufrufe

 

Die Scheidung stand bevor. Er wollte Zugewinnausgleichsanprüche seiner Ehefrau mindern und übertrug deshalb mit notariellem Vertrag vom 18.12.2001 ein vermietetes Hausgrundstück unentgeltlich auf den gemeinsamen Sohn. Zugleich wurde die Auflassung erklärt und die Umschreibung im Grundbuch bewilligt und beantragt.

Nur 2 Tage später widerriefen die Vertragsparteien privatschriftlich den Auftrag zum Vollzug und wiesen den Notar an, den Vertrag erst auf erneute gemeinsame Weisung hin zu vollziehen.

Das Scheidungsverfahren der Eltern wurde beendet (Ergebnis unbekannt).

Dann der Clou: Jetzt verklagte der Sohn den Vater auf Durchführung des Vertrages vom 18.12.2001.

Das LG gab der Klage statt, das OLG wies sie ab, weil es den Vertrag für sittenwidrig (§ 138 I BGB) hielt. Der BGH hob auf die zugelassene Revision das Urteil des OLG auf und verwies zurück.

Der 5. Senat des BGH stellt klar, dass zur Sittenwidrigkeit nach § 138 I BGB nicht genügt, dass die Vertragsparteien einen Dritten bewusst schädigen wollen. Sittenwidrig werde das Geschäft erst dann, wenn es sich für den Dritten um ein objektiv nachteiliges Geschäft handelt.

Dies sei hier nicht der Fall.

Eine schenkweise Übertragung des Grundstücks auf den Sohn vor Rechtshängigkeit der Scheidung führe zu einer Zurechnung des Grundstückswertes nach § 1375 II Nr. 1 BGB. Eine Übertragung nach Rechtshängigkeit habe keinen Einfluss mehr auf Zugewinnausgleichsansprüche (§ 1384 BGB).

Dass die Ehefrau auf das Grundstück in der Zwangsvollstreckung nicht mehr zugreifen könne, sei für die Sittenwidrigkeit ohne Belang. Als speziellere Regelung gehe insoweit § 3 AnfG dem § 138 BGB vor.

Als „Hausaufgabe“ gibt der BGH dem OLG abschließend auf, den Sachverhalt unter dem Gesichtspunkt einer vom Beklagten behaupteten Treuhandabrede zu prüfen.

BGH v. 28.10.2011 – V ZR 212/10

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