Fahrverbot vollstreckt, weil alle von Rechtskraft ausgingen?

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 28.11.2016
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht|3281 Aufrufe

Vor ein paar Tagen lief bereits eine Entscheidung des OLG Düsseldorf hier. Es ging um die Einspruchsbeschränkung nach Drogenfahrt. Heute will ich mal den 2. Teil der Entscheidung beleuchten. Dieser befasst sich mit dem Fahrverbot. Der Betroffene hatte den Einspruch auf die Höhe der Geldbuße beschränken wollen. Da hatte wohl die Verwaltungsbehörde die "gute Idee", auch schon das Fahrverbot zu vollstrecken....und der Betroffene leistete Folge. Das OLG Düsseldorf hierzu: Kann man im Vollstreckungsverfahren wieder gerade ziehen! Das OLG:

Der Einwand des Betroffenen, das einmonatige Fahrverbot sei bereits durch Verwahrung der Mofa-Prüfbescheinigung bei der Bußgeldbehörde erledigt, betrifft die Vollstreckung und steht der Anordnung des Fahrverbots nicht entgegen.

So erfolgt die Anordnung eines Fahrverbots auch dann, wenn das Fahrverbot durch Anrechnung der Dauer der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 25 Abs. 6 Satz 1 StVG) bereits erledigt ist (vgl. OLG Düsseldorf DAR 1970, 195; OLG Hamm Blutalkohol 46, 280; zu § 51 Abs. 5 StGB: BGH NJW 1980, 130). Denn die Eintragung eines Fahrverbots im Fahreignungsregister wird im Wiederholungsfall bei künftigen Zumessungserwägungen regelmäßig von Bedeutung sein.

Nach den tatrichterlichen Feststellungen hat der Betroffene die Mofa-Prüfbescheinigung (§ 5 Abs. 4 FeV) zusammen mit dem Einspruch an die Bußgeldbehörde, dort eingehend am 28. Januar 2016, übersandt. Die Rücksendung durch die Bußgeldbehörde erfolgte mit Schreiben vom 12. Februar 2016.

Auch wenn hier keine gesetzliche Regelung unmittelbar eingreift, hält der Senat eine Anrechnung der Verwahrungsdauer auf das Fahrverbot aus Gründen des Vertrauensschutzes grundsätzlich für möglich (vgl. OLG Zweibrücken ZfSch 2016, 411). Gehen der Betroffene und die Bußgeldbehörde irrtümlich davon aus, dass die Entscheidung über das in dem Bußgeldbescheid verhängte Fahrverbot rechtskräftig geworden ist, und wird der Führerschein (hier: Mofa-Prüfbescheinigung) daraufhin in amtliche Verwahrung genommen, besteht faktisch kein Unterschied zu der Vollziehung eines rechtswirksamen Fahrverbots. Für eine Anrechnung spricht auch der Rechtsgedanke des § 25 Abs. 6 Satz 3 StVG, wonach die Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 94 StPO) der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis gleichsteht und daher ebenfalls auf das Fahrverbot anzurechnen ist.

Vorliegend reichen die tatrichterlichen Feststellungen jedoch nicht aus, um die Frage der Anrechnung abschließend beurteilen zu können.

Zum einen trägt der Betroffene in der Rechtsmittelbegründung vor, dass die Bußgeldbehörde ihm nach Erhalt der Mofa-Prüfbescheinigung mit Schreiben vom 28. Januar 2016 mitgeteilt habe, dass das Fahrverbot am 26. Februar 2016 um 24.00 Uhr enden werde. Zu diesem für die Begründung eines Vertrauenstatbestandes wesentlichen Umstand finden sich in dem Urteil keine Angaben. Für eine eigene Sachentscheidung (§ 79 Abs. 6 OWiG) steht dem Senat indes nur der in dem Urteil festgestellte Sachverhalt zur Verfügung.

Zum anderen macht der Betroffene eine nochmalige Übersendung der Mofa-Prüfbescheinigung geltend, die in dem Urteil nicht erwähnt wird. Er trägt nämlich vor, dass er die Mofa-Prüfbescheinigung mit Schreiben vom 23. Februar 2016 erneut an die Bußgeldbehörde übersandt und an Eides Statt versichert habe, dass er das Fahrverbot seit der erstmaligen Übersendung eingehalten habe und bis zum Ende der mitgeteilten Frist (26. Februar 2016, 24.00 Uhr) einhalten werde. In diesem Zusammenhang ist der in dem Urteil nicht mitgeteilte Inhalt des Schreibens der Bußgeldbehörde vom 12. Februar 2016 anlässlich der Rücksendung der Mofa-Prüfbescheinigung von Bedeutung, weil dadurch ein Vertrauenstatbestand ex nunc beseitigt worden sein kann.

Einer Aufhebung des Urteils, soweit eine Entscheidung über die Anrechnung auf das Fahrverbot unterblieben ist, und einer Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht bedarf es nicht. Denn die Entscheidung über die Anrechnung kann - mit geringerem Aufwand - auch im Vollstreckungsverfahren getroffen werden. Da dem Betroffenen die viermonatige Schonfrist (§ 25 Abs. 2a Satz 1 StVG) eingeräumt worden ist, kann die Klärung erfolgen, bevor das Fahrverbot wirksam wird.

Da der Betroffene zur Tatzeit Jugendlicher war, ist der Jugendrichter als Vollstreckungsleiter zur Entscheidung berufen (§ 91 OWiG, § 82 Abs. 1 Satz 1 JGG). Über Einwendungen gegen dessen Entscheidung hat die Jugendkammer zu befinden (§§ 103, 104 Abs. 1 Nr. 3 OWiG, § 83 Abs. 2 JGG).

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 2. 11. 2016, IV-2 RBs 157/16

Ich meine, das hätte man auch anders sehen können und ggf. als OLG im Wege der eigenen Sachentscheidung richten müssen.

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