LAG Berlin-Brandenburg: Keine gerichtliche Überprüfung der Mitbestimmungsvereinbarung einer SE durch Gewerkschaft

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 09.03.2017
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht|3037 Aufrufe

Die neue Rechtsform der SE (Societas Europaea – Europäische Aktiengesellschaft) erfreut sich in Deutschland bei grenzüberschreitend tätigen Unternehmen einiger Beliebtheit. Namhafte Unternehmen wie Allianz, Porsche, BASF usw. haben die Umwandlung in eine SE vollzogen. Ein wichtiger Punkt ist insoweit die Beteiligung der Arbeitnehmer. Dazu gibt es das „Gesetz über die Beteiligung der Arbeitnehmer in einer Europäischen Gesellschaft – SE-Beteiligungsgesetz (SEBG)“. Es basiert auf dem Vorrang der Verhandlungslösung und sieht die Einrichtung eines besonderen Verhandlungsgremiums vor. § 6 SEBG sagt hierzu in Bezug auf Gewerkschaftsvertreter folgendes:

2) Zu Mitgliedern des besonderen Verhandlungsgremiums wählbar sind im Inland Arbeitnehmer der Gesellschaften und Betriebe sowie Gewerkschaftsvertreter. (…)

3) Gehören dem besonderen Verhandlungsgremium mehr als zwei Mitglieder aus dem Inland an, ist jedes dritte Mitglied ein Vertreter einer Gewerkschaft, die in einem an der Gründung der SE beteiligten Unternehmen vertreten ist.

Die Gewerkschaftspräsenz ist dann zwingend, wobei die Europarechtskonformität der Regelung nicht unumstritten ist (vgl. HWK/Hohenstatt/Dzida, SEBG, Rn. 14 m.w.N.).

Interessant ist in diesem Zusammenhang nun eine Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg (vom 10.02.2017, 6 TaBV 1585/16), bei der es im Kern um die Frage geht, ob sich eine Gewerkschaft wehren kann, wenn sie übergangen wird. Dabei ging es um folgenden Fall:

Die Zalando-SE stellte bei ihrer Gründung aufgrund gesetzlicher Vorgaben eine Mitbestimmungsvereinbarung auf, in der die Zusammensetzung und die Rechte des SE-Betriebsrats geregelt sind. Die Mitbestimmungsvereinbarung wurde durch die an der Gründung beteiligten Gesellschaften und ein von den Arbeitnehmern gebildetes "Besonderes Verhandlungsgremium" getroffen. Dem Besonderen Verhandlungsgremium gehörten Vertreter der Gewerkschaft ver.di nicht an; es löste sich nach Abschluss der Mitbestimmungsvereinbarung auf. Mit ihrem Antrag hat ver.di die gerichtliche Feststellung begehrt, dass die Mitbestimmungsvereinbarung unwirksam sei, weil sie zu Unrecht keine Vertreter in das Besondere Verhandlungsgremium habe entsenden können.

Das LAG Berlin-Brandenburg hat den Antrag in Übereinstimmung mit der Vorinstanz für unzulässig gehalten. Nach Auffassung des LAG besteht zwischen der Zalando SE und ver.di kein fortbestehendes Rechtsverhältnis, wie dies für gerichtliche Feststellungen zum Verhältnis der Beteiligten erforderlich sei. Für den weiteren Antrag, das Verfahren zur Verhandlung einer Mitbestimmungsvereinbarung erneut durchzuführen, seien die Arbeitsgerichte nicht zuständig. Die Rechtsbeschwerde an das BAG wurde nicht zugelassen.

 

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