Generalanwalt zur Altersgrenze 65 für Piloten

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 22.03.2017
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht|3203 Aufrufe

Altersgrenzen beim fliegenden Personal haben die Gerichte in der jüngeren Vergangenheit bereits mehrfach beschäftigt. Ganz allgemein zeichnet sich dabei eine Tendenz dahingehend ab, dass reguläre Altersgrenze akzeptiert werden, während vorgezogene Altersgrenzen sehr kritisch hinterfragt werden (zuletzt EuGH in der Rechtssache Prigge, NZA 2011, 1039). Derzeit ist ein Verfahren beim EuGH anhängig, bei dem es um die Altersgrenze von 65 Jahren für Inhaber von Pilotenlizenzen nach der Verordnung 1178/2011 geht. Dem liegt ein Vorabentscheidungsersuchen des BAG (Beschluss vom 27.01.2016 - 5 AZR 263/15 (A)) zugrunde. In diesem Ausgangsverfahren geht es um einen Piloten, nämlich Herrn Freis, der bei der Lufthansa CityLine GmbH arbeitete. Als er 65 Jahre alt wurde, weigerte sich die Fluggesellschaft, ihn weiterzubeschäftigen, obwohl sein Arbeitsvertrag nach dem einschlägigen Tarifvertrag noch zwei weitere Monate fortbestanden hätte. Die Fluggesellschaft machte geltend, das Arbeitsverhältnis habe nicht fortgesetzt werden können, da die Inhaber von Pilotenlizenzen mit Vollendung ihres 65. Lebensjahrs nach dem Unionsrecht nicht mehr als Piloten von Luftfahrzeugen im gewerblichen Luftverkehr tätig sein dürften. Herr Fries ist hingegen der Ansicht, sein Arbeitsverhältnis bei Lufthansa CityLine hätte für die zwei Monate fortgesetzt werden können, die ihm bis zur Erreichung seines Renteneintrittsalters verblieben. In dieser Zeit hätte man ihn als Ausbilder, als Prüfer und als Pilot bei Leer- bzw. Überführungsflügen einsetzen können. Das BAG möchte vom EuGH wissen, ob diese unionsrechtlich festgelegte Altersgrenze mit dem Verbot von Diskriminierung wegen des Alters und mit dem Recht, zu arbeiten und einen frei gewählten Beruf auszuüben (wie sie in der EU-Grundrechte-Charta niedergelegt sind), vereinbar ist. Sollte dies zu bejahen sein, möchte es ferner wissen, ob unter den Begriff "gewerblicher Luftverkehr" auch Flüge zu Ausbildungs- und Prüfungszwecken sowie Leerflüge fallen. Seit gestern liegen nunmehr die Schlussanträge des Generalanwalts Bobek vor (Schlussanträge vom 21.3.2017 in der Rechtssache C-190/16 16 - Werner Fries / Lufthansa CityLine GmbH). Der Generalanwalt gelangt zu dem Ergebnis, dass die in Verordnung enthaltene Altersgrenze von 65 Jahren für Piloten im gewerblichen Luftverkehr mit Art. 15 Abs. 1 und Art. 21 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union vereinbar ist. Hierzu führt er u.a. aus, dass die Entscheidung des Unionsgesetzgebers, die Altersgrenze auf 65 Lebensjahre festzusetzen, in vollem Einklang mit den einschlägigen internationalen Normen zu stehen scheine, die außerdem sinnvoll angepasst und über die Jahre stetig weiterentwickelt wurden. Ein derartiger Standard könnte nur in einem auf solide Beweise gestützten ganz eindeutigen Fall in Frage gestellt werden, woran es jedoch vorliegend fehle. Der Begriff "gewerblicher Luftverkehr" erfasse im Sinne der streitigen Altersgrenze weder sog. Leer- bzw. Überführungsflüge im Gewerbebetrieb eines Luftverkehrsunternehmens, bei denen weder Fluggäste noch Fracht oder Post befördert werden, noch die Ausbildung und Abnahme von Prüfungen, bei denen der über 65-jährige Pilot sich als nicht fliegendes Mitglied der Crew im Cockpit des Flugzeugs aufhalte.

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