EU-Richtlinie über bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts im Amtsblatt veröffentlicht

von Dr. Cornelius Wilk, veröffentlicht am 07.07.2017

Die im April 2017 vom Europäischen Parlament beschlossene Richtlinie (EU) 2017/1132 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts ist am 30. Juni 2017 im Amtsblatt veröffentlicht worden. Die Richtlinie konsolidiert aus „Gründen der Klarheit und Übersichtlichkeit“ (Erwägungsgrund 1) mehrere bestehende gesellschaftsrechtliche Richtlinien, ohne die existierenden Vorgaben inhaltlich zu verändern.

Folgende gesellschaftsrechtliche Richtlinien gehen in der neuen Richtlinie auf:

  • Sechste Richtlinie 82/891/EWG des Rates vom 17. Dezember 1982 gemäß Artikel 54 Absatz 3 Buchstabe g) des Vertrages betreffend die Spaltung von Aktiengesellschaften (sog. Spaltungsrichtlinie)
  • Elfte Richtlinie 89/666/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 über die Offenlegung von Zweigniederlassungen, die in einem Mitgliedstaat von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen errichtet wurden, die dem Recht eines anderen Staats unterliegen (sog. Zweigniederlassungsrichtlinie)
  • Richtlinie 2005/56/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 2005 über die Verschmelzung von Kapitalgesellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten (sog. Richtlinie über grenzüberschreitende Verschmelzungen)
  • Richtlinie 2009/101/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 48 Absatz 2 des Vertrags im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten (sog. Publizitätsrichtlinie)
  • Richtlinie 2011/35/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 über die Verschmelzung von Aktiengesellschaften (sog. Verschmelzungsrichtlinie)
  • Richtlinie 2012/30/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 54 Absatz 2 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter für die Gründung der Aktiengesellschaft sowie für die Erhaltung und Änderung ihres Kapitals vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten (sog. Kapitalrichtlinie)

Um das Auffinden der bisherigen Richtlinieninhalte zu erleichtern, ist der neuen gesellschaftsrechtlichen Richtlinie in Anhang IV eine Tabelle beigefügt, die den alten Vorschriften jeweils die entsprechende Neuregelung gegenüberstellt. Die thematische Gliederung der neuen Richtlinie orientiert sich zudem überwiegend an den bisherigen Richtlinienthemen (z.B. Verschmelzung, grenzüberschreitende Verschmelzung, Spaltung).

Die neue Richtlinie fasst damit einen bedeutenden Teil der bestehenden gesellschaftsrechtlichen Richtlinien zusammen. Eine Reihe von gesellschaftsrechtlich bedeutenden Rechtsakten auf europäischer Ebene bleiben jedoch auch nach der Neukodifikation in eigenständiger Form erhalten. Dazu gehören insbesondere die (gerade überarbeitete) Aktionärsrechterichtlinie, die SE-Verordnung, die SE-Richtlinie, die Übernahmerichtlinie, die verschiedenen Richtlinien über den Jahresabschluss, den Konzernabschluss und die Abschlussprüfung sowie die der Europäischen Genossenschaft (SCE) und der Europäischen Wirtschaftlichen Interessenvereinigung (EWIV) zugrundeliegenden Rechtsakte.

In Kraft tritt die neue Richtlinie zum 20. Juli 2017. Die konsolidierten bisherigen Richtlinien werden zeitgleich aufgehoben. Mangels inhaltlicher Änderungen der bestehenden Vorgaben sind keine Umsetzungs- und Ausführungsrechtsakte auf nationaler Ebene zu erwarten.

Zur veröffentlichten Richtlinie

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