Kostenentscheidung fehlt: Sofortige Beschwerde geht!

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 06.08.2017
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht|4499 Aufrufe

Schon kurios. Eine große Strafkammer vergisst eine Kostenentscheidung im Urteil. Aber wie immer: Nichts, was es nicht gibt!

Aber wie geht es weiter? Kann die StA eine sofortige Beschwerde einlegen und hierdurch die Korrektur der Entscheidung erreichen? Ja, so jedenfalls das OLG Hamm:

Die sofortige Beschwerde ist nach § 464 Abs. 3 S. 1 StPO statthaft. Entgegen dem Wortlaut der Vorschrift findet die sofortige Beschwerde nicht nur gegen den Ausspruch einer Kosten- und Auslagenentscheidung, sondern auch gegen das Unterlassen einer entgegen § 464 Abs. 1 StPO zu treffenden Kosten- und Auslagenentscheidung statt (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 19.10.1998 – 3 Ws 464 - 466/98 – juris; OLG Köln, Beschl. v. 20.08.2015 – 2 Ws 523/15 – juris; Schmitt in: Meyer-Goßner/ Schmitt, StPO, 59. Aufl., § 464 Rdn. 16). Der Systematik des § 464 Abs. 3 StPO lässt sich entnehmen, dass das Gesetz von einer grundsätzlichen Anfechtbarkeit der Entscheidung im Kostenpunkt ausgeht und diese nur für bestimmte Ausnahmefälle ausschließt (OLG Köln a.a.O.). Zudem verlangt das Gesetz zwingend eine Kosten- und Auslagenentscheidung in § 464 Abs. 1 und 2 StPO. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber mit der Formulierung des Absatzes 3 gerade solche Fälle, in denen gegen dieses Gebot verstoßen wurde, einer Über-prüfung und Abänderung durch ein Beschwerdegericht entziehen wollte. Eine andere Abhilfemöglichkeit, nämlich etwa dadurch, dass das erkennende Gericht die Kosten-entscheidung nachholt, besteht grds. nicht, denn dies würde auf eine unzulässige Abänderung des einmal verkündeten Urteils hinauslaufen (ganz h.M., vgl. nur: KG NStZ-RR 2004, 190; Hilger in: Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 464 Rdn. 52 ff. m.w.N.).

Das Rechtsmittel ist auch im Übrigen zulässig. Insbesondere steht ihm nicht § 464 Abs. 1 S. 1 2. Hs. StPO entgegen, weil die Verurteilten entweder keine Revision gegen das Urteil vom 18.01.2017 eingelegt bzw. diese zurückgenommen haben. Die Beschränkung des § 464 Abs. 1 S. 1 2. Hs. StPO gilt nicht, wenn – wie hier – überhaupt ein Rechtsmittel in der Hauptsache statthaft ist (OLG Zweibrücken, Beschl. v. 15.02.2017 – 1 Ws 254/16 = BeckRS 2017, 107537; Hilger in: Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 464 Rdn. 52 ff. m.w.N.; Schmitt a.a.O. Rdn. 19).

III..

Die sofortige Beschwerde ist begründet. Wie sich aus der Urteilsgründen des Urteils vom 18.01.2017 ergibt, hat die Kammer versehentlich eine Kostenentscheidung nicht getroffen. Nach § 464 Abs. 1 StPO hätte sie hingegen eine solche treffen müssen, welche nach den §§ 465 Abs. 1, 466 Abs. 1 S. 1 StPO nur den aus dem Tenor des vorliegenden Beschlusses erkennbaren Inhalt haben kann.

Oberlandesgericht Hamm, Beschl. v. 23.5.2017 - 4 Ws 78/17

Diesen Beitrag per E-Mail weiterempfehlenDruckversion

Hinweise zur bestehenden Moderationspraxis
Kommentar schreiben

Kommentare als Feed abonnieren

Kommentar hinzufügen