Prozesskostenhilfebewilligung erst nach Abschluss des Vergleichs aber vor Ablauf der Widerrufsfrist

von Dr. Hans-Jochem Mayer, veröffentlicht am 10.05.2019
Rechtsgebiete: Vergütungs- und Kostenrecht|25935 Aufrufe

Welche Gebühren noch über die Prozesskostenhilfe von der Staatskasse zu erstatten sind, wenn die Prozesskostenhilfe erst nach Abschluss eines Vergleichs aber vor Ablauf der Widerrufsfrist für diesen Vergleich bewilligt wird, hat das LAG Berlin-Brandenburg im Beschluss vom 17.4.2019 -26 Ta (Kost) 6080/18 beschäftigt .

Nach dem LAG Berlin-Brandenburg kann in dieser Konstellation ein Gebührenanspruch des beigeordneten Prozessbevollmächtigten begründet werden. Erforderlich aber auch ausreichend ist es dann aber, dass nach dem Zeitpunkt, ab dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, eine gebührenauslösende Tätigkeit erbracht worden ist. Nur Gebühren, die (ausschließlich) vor diesem Zeitpunkt entstanden sind, erhält der Rechtsanwalt nicht aus der Staatskasse. Gebührentatbestände können in diesem Fall bis zum Ablauf der Widerrufsfrist ausgelöst werden. In Betracht kommt in dieser Situation eine 0,8 Verfahrensgebühr nach VV 3101 RVG, wenn nach der Beiordnung zB noch eine Besprechung bzw. Beratung zu der Frage stattgefunden hat, ob der Vergleich angenommen bzw. widerrufen werden sollte oder nicht. Auch eine Einigungsgebühr kann in diesem Verfahrensstadium noch entstehen, insoweit ist es ausreichend, dass der Prozessbevollmächtigte seiner Partei rät, den Vergleich nicht zu widerrufen. Ist die Entscheidung hingegen bereits vor der Beiordnung getroffen gewesen, kann danach eine Gebühr nicht mehr anfallen. Allein die Möglichkeit der Ausübung des Widerrufsrechts bis zum Ablauf der Frist und das Verstreichenlassen der Widerrufsfrist sind nach dem LAG Berlin-Brandenburg nicht ausreichend. Es muss daher genau dokumentiert werden, wann welche Frage mit dem Mandanten besprochen und wann welche Entscheidung getroffen wurde.

 

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