BGH: Gefährdung fremder Sachen von bedeutendem Wert >>> 2-Schritt-Prüfung...belegt durch tatsächliche Feststellungen / 750-Euro-Grenze

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 08.06.2019
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht|10130 Aufrufe

Der BGH hat einmal wieder das Erfordernis einer Zweischrittprüfung im Rahmen des § 315c StGB bekräftigt, wenn eine konkrete Gefährdung einer Sache von bedeutendem Wert in Rede steht:

 

Auch in der vom Landgericht herangezogenen FahrlässigkeitsFahrlässigkeits-Kombination des § 315c Abs. 3 Nr. 2, Abs. 1 Nr. 1 a StGB setzt
der Tatbestand der Gefährdung des Straßenverkehrs – von der hier nicht gegebenen Alternative der konkreten Gefährdung von Leib oder Leben eines anderen Menschen abgesehen – die konkrete Gefährdung einer fremden Sache von
bedeutendem Wert voraus. Hierbei ist nach der ständigen Rechtsprechung des
Senats von folgenden Grundsätzen auszugehen:
§ 315c StGB setzt voraus, dass einer fremden Sache von bedeutendem
Wert auch ein bedeutender Schaden gedroht hat. Es sind daher stets zwei
Prüfschritte erforderlich, zu denen im Strafurteil entsprechende Feststellungen
zu treffen sind: Zunächst ist zu fragen, ob es sich bei der gefährdeten Sache
um eine solche von bedeutendem Wert gehandelt hat, was etwa bei älteren
oder bereits vorgeschädigten Fahrzeugen fraglich sein kann. Handelt es sich
um eine Sache von bedeutendem Wert, so ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob ihr auch ein bedeutender Schaden gedroht hat, wobei ein tatsächlich
entstandener Schaden geringer sein kann als der allein maßgebliche Gefährdungsschaden. Der Wert der Sache ist hierbei nach dem Verkehrswert und die
Höhe des (drohenden) Schadens nach der am Marktwert zu messenden Wertminderung zu berechnen
(vgl. BGH, Beschlüsse vom 31. Januar 2017
– 4 StR 597/16, vom 29. April 2008 – 4 StR 617/07, NStZ-RR 2008, 289, und
vom 28. September 2010 – 4 StR 245/10, BGHR StGB § 315b Abs. 1 Gefährdung 5 zur Wertgrenze von 750 Euro; LG Heilbronn, Beschluss vom 14. August
2017 – 8 Qs 39/17, NZV 2018, 197; Ernemann in SSW-StGB, 4. Aufl., § 315c
Rn. 25 mwN).
Dem genügen die Ausführungen in dem angefochtenen Urteil nicht. Das
Landgericht beschränkt sich in den Feststellungen darauf mitzuteilen, dass an
den Fahrzeugen „Sachschaden“ entstanden ist. In der Beweiswürdigung wird
hierzu noch ergänzt, dass die Strafkammer zugunsten des Angeklagten von
einem Schaden „von unter 1.000 € an allen 3 Fahrzeugen zusammen ausgeht“
(UA 68). Damit ist zum einen nicht sicher festgestellt, dass der (Gefährdungs-)
Schaden die Wertgrenze von 750 Euro sicher erreicht oder überschreitet. Hinzu
kommt, dass das Landgericht hier auch das vom Angeklagten gefahrene, der
Zeugin D. gehörende Fahrzeug einbezogen hat; nach der ständigen Rechtsprechung des Senats bleibt hingegen der (Gefährdungs-)Schaden an dem
vom Täter gefahrenen Fahrzeug auch dann außer Betracht, wenn es ihm nicht
gehört (BGH, Urteil vom 28. Oktober 1976 – 4 StR 465/76, BGHSt 27, 40; Beschluss vom 13. Mai 1985 – 4 StR 90/85, DAR 1985, 387).

 

 

BGH, Beschl. v. 10.4.2019 - 4 StR 86/19

 

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