OLG Braunschweig: Keine Pflicht des Nachlasspflegers zur Auflösung eines Aktiendepots

von Dr. Claus-Henrik Horn, veröffentlicht am 20.05.2020
Rechtsgebiete: Erbrecht|2917 Aufrufe

Das OLG Braunschweig hatte sich in seinem Beschluss vom 20.4.2020 mit der Frage zu beschäftigen, ob ein Nachlasspfleger allein deshalb zur Auflösung eines Aktiendepots gehalten ist, weil es sich aufgrund der üblichen Kursschwankungen von Aktien nicht um eine mündelsichere Anlageform handelt (3 W 37/20 - BeckRS 2020, 7508). Der 3. Zivilsenat hat sich dagegen ausgesprochen. Vielmehr habe der Nachlasspfleger im Rahmen seines pflichtgemäßen Ermessens zu entscheiden, inwieweit eine Fortführung des Aktieninvests vertretbar erscheint.

Der Nachlass setzt sich durch eine Immobilie (ca. 443.000,00 €), durch Kontenvermögen (ca. 197.000,00 €) und Depotwerte per Todesfall von etwa 1 Mio. € zusammen. Der Nachlasspfleger beantragte die nachlassgerichtliche Genehmigung zur Auflösung des Depots (§ 812 BGB). Der für die unbekannten Erben bestellte Verfahrenspfleger sprach sich dagegen aus.

Nunmehr hat der Nachlasspfleger individuell zu prüfen, ob er nach nachlassgerichtlicher Genehmigung Teile des Aktiendepots zu verkaufen hat.

Kosten: Trotz eines Depotwerts von ca. 1 Mio. € hat das OLG Braunschweig den Beschwerdewert nur auf 5.000,00 € festgesetzt. Da entscheidungsrelevant nur die Frage der Auflösung des gesamten Depots war, steht nicht der gesamte Vermögenswert in Streit. Daher sei auf den Auffangwert des § 36 Abs. 3 GNotKG zurückzugreifen. Die Gerichtskosten wies der Senat den unbekannten Erben zu; der Nachlasspfleger erhält keine Erstattung der bei ihm angefallenen Gebühren.

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