Verkehrsrechtlicher Blick "nach Europa": Strafpunkte im Register dürfen nicht für jeden zugänglich gemacht werden

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 16.11.2021
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht|1894 Aufrufe

Ich glaube ja nicht, dass es bei uns denkbar wäre, dass jedermann das Punkteregister im FAER anderer einsehen kann. In Lettland war das wohl möglich. EuGH, Urteil vom 22.06.2021 - C-439/19 hat dem aber nun einen Riegel vorgeschoben. Die Entscheidung liegt ja nun ein paar Monate zurück - ich kam eher zufällig erst jetzt daran vorbei. Hintergrund der Entscheidung des EuGH ist ein Verstoß der lettischen Gesetzeslage gegen die DS-GVO. In Beck-Aktuell hieß es im Juni dazu zusammenfassend u.a.:

"Die Übermittlung personenbezogener Daten über Verkehrsverstöße trage nicht zur Verbesserung der Straßenverkehrssicherheit bei. Die Regelung sei weder mit dem Recht der Öffentlichkeit auf Zugang zu amtlichen Dokumenten noch dem Recht auf Informationsfreiheit zu rechtfertigen. Die Verarbeitung personenbezogener Daten über Strafpunkte sei eine "Verarbeitung personenbezogener Daten über strafrechtliche Verurteilungen und Straftaten". Sie falle in den Anwendungsbereich der DS-GVO, die wegen der besonderen Sensibilität der betreffenden Daten einen erhöhten Schutz vorsehe. Dies ergebe sich insbesondere mit Blick auf den repressiven Charakter der Strafpunkte im Zusammenhang mit der Ahndung von Verkehrsverstößen. Auch die Ausnahmen zur Wahrung der nationalen Sicherheit oder für Verarbeitungen personenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden im Bereich des Strafrechts griffen hier nicht. Die CSDD könne nicht als eine solche "zuständige Behörde" angesehen werden.

 Übermittlung kann Stigmatisierung bewirken und ist unverhältnismäßig

Das mit der lettischen Regelung verfolgte Ziel der Verbesserung der Straßenverkehrssicherheit sei zwar ein von der Union anerkanntes Ziel im allgemeinen Interesse. Allerdings sei nicht nachgewiesen, dass die lettische Regelung der Übermittlung personenbezogener Daten über Strafpunkte zur Gewährleistung des verfolgten Ziels erforderlich sei. Der lettische Gesetzgeber verfüge über eine Vielzahl von anderweitigen und letztlich milderen Möglichkeiten, um das Ziel zu erreichen. Dies gelte insbesondere angesichts des Umstands, dass die Übermittlung der Daten an die Öffentlichkeit einen schweren Eingriff in die Rechte auf Achtung des Privatlebens und auf Schutz personenbezogener Daten darstelle, der zu einer Missbilligung durch die Gesellschaft und zur Stigmatisierung der betroffenen Person führen könne."

 

Den wie so oft schwer lesbaren Volltext finden Sie HIER.

 

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