Befristungskontrollklage wahrt Ausschlussfrist auch hinsichtlich der Zinsansprüche

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 08.12.2021
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht|1976 Aufrufe

Mit der Erhebung einer Bestandsschutzklage macht ein Arbeitnehmer nicht nur die von dieser abhängigen Vergütungsansprüche im Sinne der ersten Stufe einer tariflichen Ausschlussfrist geltend, sondern zugleich die darauf geschuldeten gesetzlichen Verzugszinsen.

Das hat das BAG entschieden.

Im Vorprozess stritten die Parteien über die Wirksamkeit der Befristung des Arbeitsverhältnisses des Klägers. Die Klage hatte letztinstanzlich Erfolg. Nach Abschluss des Verfahrens zahlte der beklagte Freistaat das Arbeitsentgelt nach, Zinsen jedoch nur für Zeit zwischen der Zustellung des Revisionsurteils und der Abrechnung der Vergütungsansprüche. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) Anwendung, nach dessen § 37 Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden.

Der Kläger verlangt nunmehr Verzugszinsen für die gesamte Dauer des Prozesses, gestaffelt jeweils ab Fälligkeit der monatlichen Ansprüche aus Annahmeverzug. Die Klage hatte beim BAG Erfolg:

Tarifliche Ausschlussfristen dienen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit. Der Anspruchsgegner soll sich auf die nach Auffassung des Anspruchstellers noch offene Forderung rechtzeitig einstellen, Beweise sichern und gegebenenfalls Rücklagen bilden können. Er soll vor der Verfolgung von Ansprüchen, mit deren Geltendmachung er nicht rechnet und nicht rechnen muss, geschützt werden (…). Ausgehend von diesem Zweck wahrt der Arbeitnehmer mit einer Bestandsschutzklage (Kündigungsschutz- oder Befristungskontrollklage) die erste Stufe einer tariflichen Ausschlussfrist für alle vom Ausgang dieses Rechtsstreits abhängigen Ansprüche. Mit einer solchen Klage erstrebt der Arbeitnehmer nicht nur die Erhaltung seines Arbeitsplatzes, sondern bezweckt darüber hinaus, sich die Vergütungsansprüche wegen Annahmeverzugs zu erhalten. Die Ansprüche müssen weder ausdrücklich bezeichnet noch beziffert werden (…). Dies umfasst auch die Ansprüche auf die Verzugszinsen nach §§ 288 I, 286 II Nr. 1 BGB. (…) Für ein solches Verständnis spricht zudem, dass dem Arbeitnehmer auch unter Berücksichtigung des von Art. 2 I GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 III GG) gewährleisteten effektiven Rechtsschutzes keine übersteigerte Obliegenheit zur Geltendmachung seiner Ansprüche wegen (Annahme-)Verzugs auferlegt werden soll.

BAG, Urt. vom 24.6.2021 - 5 AZR 385/20, NZA 2021, 1488

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