OLG Brandenburg: Zur Geltendmachung von Ansprüchen gegen einen Geschäftsführer im Wege der actio pro socio

von Julia MacDonald, veröffentlicht am 18.02.2022

Das OLG Brandenburg hat mit Urteil vom 10. November 2021 (4 U 97/21) entschieden, dass ein Gesellschafter nur in besonderen Konstellationen Ansprüche der Gesellschaft gegen einen Geschäftsführer geltend machen kann – sofern die grundsätzliche Möglichkeit des Vorgehens eines Gesellschafters gegen einen Geschäftsführer im Wege einer actio pro socio unterstellt wird.

Klage auf vorläufiges Tätigkeitsverbot des Geschäftsführers

Im vorliegenden Fall hatte der Geschäftsführer einer GmbH ohne Zustimmung der Gesellschafterversammlung Vermögen der Gesellschaft an seine eigene Gesellschaft veräußert. Ein Gesellschafter klagte daraufhin im Wege der einstweiligen Verfügung auf Erlass eines vorläufigen Tätigkeitsverbots des Geschäftsführers bis zu einer Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung über die weitere Geschäftsführertätigkeit.

Möglichkeit einer actio pro socio umstritten

Das OLG Brandenburg weist den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurück. Die Voraussetzungen für die Geltendmachung eines Verfügungsanspruchs aus § 823 BGB i. V. m. § 1004 Abs. 1 BGB analog im Wege einer Gesellschafterklage (sog. actio pro socio) seien vorliegend nicht gegeben.

Dabei lässt der Senat offen, ob ein Gesellschafter grundsätzlich befugt ist, Ansprüche der Gesellschaft gegen einen (Fremd-)Geschäftsführer geltend zu machen. Teile der Rechtsprechung lehnen dies unter Berufung auf § 46 Nr. 8 GmbHG ab. Danach sei für ein Vorgehen gegen den Geschäftsführer ein Gesellschafterbeschluss zu fassen, gegen dessen Ablehnung der unterlegene Gesellschafter eine Anfechtungsklage erheben könne.

Actio pro socio erfordert besondere Dringlichkeit

Gehe man, so der Senat, mit Teilen der Rechtsprechung von der Möglichkeit einer Klage insbesondere zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes im Wege einer einstweiligen Verfügung aus, sei eine actio pro socio im Vorfeld einer Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung nur in den Fällen möglich, in denen die Dringlichkeit gerade darauf beruhe, dass die Gesellschafterversammlung noch nicht zusammentreten konnte.

Eine solche Dringlichkeit lasse sich hier nicht mehr feststellen, da der Gesellschafter zu diesem Zeitpunkt bereits mehrere Monate Zeit gehabt hätte, einen Gesellschafterbeschluss zur Abberufung des Geschäftsführers herbeizuführen. Dass der Beschluss aufgrund der bestehenden Mehrheitsverhältnisse wahrscheinlich nicht gefasst worden wäre, sei unerheblich, da dem Gesellschafter bei Ablehnung der Abberufung Rechtsmittel gegen den Beschluss zur Verfügung gestanden hätten. Daher sei vorliegend auch kein Verfügungsgrund für ein Vorgehen im einstweiligen Rechtsschutz gegeben.

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