ArbG Berlin: Wilder Streik rechtswidrig - Kündigung

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 26.04.2022
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht|2106 Aufrufe

Das Arbeitsgericht Berlin hat die Teilnahme an einem "wilden", nicht von einer Gewerkschaft organisierten Streik für rechtswidrig und daher die Kündigung gegenüber drei Fahrradkurierfahrerinnen und -fahrern, die sich an diesem Streik beteiligt hatten, für wirksam gehalten. In zwei Fällen wurde das Arbeitsverhältnis zur Überzeugung des Gerichts außerordentlich fristlos, in einem mit der zweiwöchigen Probezeitkündigungsfrist (§ 622 Abs. 3 BGB) ordentlich beendet.

Arbeitnehmer des beklagten Fahrradkurierdienstes hatten ohne Unterstützung durch eine Gewerkschaft eine viertägige Arbeitsniederlegung organisiert, um u.a. pünktliche Bezahlung sowie die Ausstattung mit Regenkleidung zu erreichen. Die Arbeitgeberin hielt den Streik für unzulässig, forderte die Beschäftigten mehrfach auf, ihre Arbeit aufzunehmen und kündigte, da dies fruchtlos blieb, die Arbeitsverhältnisse außerordentlich.

Drei Arbeitnehmerinnen bzw. Arbeitnehmer haben Kündigungsschutzklage beim ArbG Berlin erhoben. Sie sind der Auffassung, dass auch die Teilnahme an einem nicht gewerkschaftlich getragenen Streik eine durch Art. 9 Abs. 3 GG gestattete Rechtsausübung darstelle. Ihrer Auffassung nach schützt das aus der Koalitionsfreiheit resultierende Streikrecht auch Arbeitsniederlegungen, die nicht den Abschluss eines Tarifvertrages zum Ziel haben.

Dem hat sich das Arbeitsgericht Berlin nicht angeschlossen. Zu seiner Überzeugung kann nur ein gewerkschaftlich getragener Streik rechtmäßig sein. Daher hatten zwei Klagen gegen die außerordentliche Kündigung keinen Erfolg. Im dritten Fall konnte die Arbeitsverweigerung nicht hinreichend sicher festgestellt werden. Die Kündigung sei aber mit der kurzen Frist des § 622 Abs. 3 BGB ordentlich wirksam, da die Kündigung in der sechsmonatigen Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG noch keiner sozialen Rechtfertigung bedurfte.

Gegen die Entscheidungen kann Berufung zum LAG Berlin-Brandenburg eingelegt werden.

ArbG Berlin, Urt. vom 6.4.2022 - 20 Ca 10257/21 bis 10259/21, Pressemitteilung hier

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