BAG: Unpfändbarkeit einer Corona-Prämie

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 31.08.2022
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht|8725 Aufrufe

Nicht nur im Pflegebereich, auch in vielen anderen Branchen haben Beschäftigte zum Ausgleich der Belastungen infolge der Corona-Pandemie zusätzlich zu ihrem regulären Gehalt eine sog. Corona-Prämie erhalten. Im Hinblick auf überschuldete Arbeitnehmer stellt sich die Frage, ob ihre Gläubiger auf diese Leistung zugreifen können. Im jetzt vom BAG (25.8.2022 – 8 AZR 14/22) entschiedenen Fall zahlte der Betreiber einer Gaststätte einer Arbeitnehmerin, die als Küchenhilfe eingestellt war, aber auch als Thekenkraft eingesetzt wurde, im September 2020 neben dem Monatslohn iHv. 1.350,00 Euro brutto und Sonntagszuschlägen iHv. 66,80 Euro brutto eine Corona-Prämie iHv. 400,00 Euro. Im weiteren Verlauf kam es zum Streit über die Pfändbarkeit der Prämie. Der Kläger, ein Gläubiger der Arbeitnehmerin, stellte sich auf den Standpunkt, dass die vom beklagten Arbeitgeber an die Arbeitnehmerin gezahlte Corona-Prämie pfändbar sei. Anders als im Pflegebereich, wo der Gesetzgeber in § 150a Abs. 8 Satz 4 SGB XI ausdrücklich die Unpfändbarkeit der Corona-Prämie bestimmt habe, bestehe für eine Sonderzahlung wie hier keine Regelung über eine Unpfändbarkeit. Der Gesetzgeber habe insoweit lediglich bestimmt, dass die Zahlung bis zu einer Höhe von 1.500,00 Euro steuer- und abgabenfrei sei. Die vom Beklagten gezahlte Corona-Prämie sei auch keine nach § 850a Nr. 3 ZPO unpfändbare Erschwerniszulage. Das sieht das BAG jedoch anders. Die Corona-Prämie gehöre nach § 850a Nr. 3 ZPO nicht zum pfändbaren Einkommen der Schuldnerin. Nach dieser Vorschrift sind unpfändbar u.a. Schmutz- und Erschwerniszulagen, soweit diese Bezüge den Rahmen des Üblichen nicht übersteigen. Das BAG hebt hervor, dass der beklagte Arbeitgeber mit der Leistung eine bei der Arbeitsleistung der Arbeitnehmerin tatsächlich gegebene Erschwernis habe kompensieren wollen. Die gezahlte Corona-Prämie habe auch nicht den Rahmen des Üblichen iSv. § 850a Nr. 3 ZPO überstiegen. Fazit: Wenn der Zweck einer freiwilligen Corona-Prämie in der Kompensation einer tatsächlichen Erschwernis bei der Arbeitsleistung liegt, ist sie unpfändbar, soweit sie den Rahmen des Üblichen nicht übersteigt.

Von der vom Arbeitgeber gezahlten Corona-Prämie sind übrigens die Corona-Soforthilfen des Bundes zu unterscheiden. Bei der Corona-Soforthilfe handelt es sich um eine nach § 851 Abs. 1 ZPO nicht pfändbare Forderung, urteilte der BGH (BGH 10.3.2021, VII ZB 24/20, NJW 2021, 1322).

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