OVG Münster: Keine Lohn-Entschädigung für Fleischindustrie

von Prof. Dr. Markus Stoffels, veröffentlicht am 13.03.2023
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht|1246 Aufrufe

Vor den Verwaltungsgerichten sind derzeit noch viele Rechtstreitigkeiten über Entschädigungen wegen Corona-bedingter Quarantäne-Maßnahmen anhängig. Insbesondere in der ersten Phase der Pandemie im Frühjahr 2020 hatten die Behörde viele Beschäftigte in Quarantäne geschickt. Häufig betroffen waren damals auch Subunternehmen der Schlachtbetriebe Tönnies (Rheda-Wiedenbrück) und Westfleisch (Münster). Diese Subunternehmen waren überzeugt, dass ihnen nach dem Infektionsschutzgesetz Entschädigungszahlungen zustehen würden. Immerhin hatten sie ihren Beschäftigten weiter Lohn bezahlt. Doch das Land NRW weigerte sich, die Subunternehmen zu entschädigen. NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann hatte den Unternehmen sogar vorgeworfen, für den Ausbruch der Pandemie mit verantwortlich zu sein. Daraufhin waren bei den Verwaltungsgerichten in Münster und Minden mehr als 7.000 Klagen eingegangen. Erste Urteile fielen zugunsten der Subunternehmen aus.

In zwei Musterverfahren gab das OVG Münster (Urteile vom 10.2.2023 - 18 A 563/22 und 18 A 1460/22; PM vom 10.3.2023) jetzt hingegen dem beklagten Land recht. Eine Erstattung gezahlter Verdienstausfallentschädigungen komme nur dann in Betracht, wenn die jeweiligen Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Zahlung des Arbeitslohns gegen ihren Arbeitgeber hätten. Ein solcher Anspruch bestehe indes in beiden Fällen. Entscheidend sei insofern nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch im Wesentlichen, ob der Arbeitnehmer für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert ist. Diese Voraussetzungen lägen vor. Es gäbe keine Anhaltspunkte dafür, dass die Arbeitnehmer ihre Quarantäne verschuldet hätten. Die Ausfallzeiten beträfen mit jeweils weniger als sechs Wochen jedenfalls bei - wie hier - unbefristeten und ungekündigten Arbeitsverhältnissen außerhalb der Probezeit eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit. Das Gericht knüpft dabei an eine ältere Entscheidung des BGH in einem vergleichbaren Fall an, der sich an der 6-Wochen-Frist für die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall orientiert hatte.

Der Senat hat wegen grundsätzlicher Bedeutung jeweils die Revision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen.

 

 

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