EU: Richtlinie zur Entgelttransparenz auf der Zielgeraden

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 24.04.2023
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrecht|2099 Aufrufe

Die neue EU-Richtlinie zur Stärkung der Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit durch Lohntransparenz und Durchsetzungsmechanismen (TransparenzRL) befindet sich in der finalen Abstimmung. Im März 2021 hatte die Kommission hierzu einen Vorschlag vorgelegt, im Dezember 2022 haben der Rat der EU und das Europäische Parlament eine politische Einigung erzielt. Vor vier Wochen ist die Richtlinie nun vom Europäischen Parlament verabschiedet worden (Text hier). Die finale Zustimmung des Rats steht noch aus.

Die Richtlinie beinhaltet verschiedene Maßnahmen für mehr Entgelttransparenz. Die Kommission fasst sie wie folgt zusammen:

  • Lohntransparenz für Arbeitsuchende – Arbeitgeber müssen in der Stellenausschreibung oder vor dem Vorstellungsgespräch Informationen über das Einstiegsentgelt oder dessen Spanne bereitstellen. Arbeitgebern wird es nicht gestattet sein, künftige Arbeitnehmer nach ihrer früheren Vergütung zu fragen.
  • Auskunftsrecht für Arbeitnehmer – Arbeitnehmer werden das Recht haben, von ihrem Arbeitgeber Auskunft über ihr individuelles Einkommen und über die durchschnittlichen Einkommen zu verlangen – aufgeschlüsselt nach Geschlecht und für Gruppen von Arbeitnehmern, die gleiche oder gleichwertige Arbeit verrichten. Dieses Recht wird für alle Arbeitnehmer unabhängig von der Größe des Unternehmens bestehen.
  • Berichterstattung über das geschlechtsspezifische Lohngefälle – Arbeitgeber mit mindestens 100 Beschäftigten müssen Informationen über das Lohngefälle zwischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern veröffentlichen. In einer ersten Phase werden Arbeitgeber mit mindestens 250 Beschäftigten jährlich und Arbeitgeber mit 150 bis 249 Beschäftigten alle drei Jahre Bericht erstatten. Ab fünf Jahren nach Ablauf der Frist für die Umsetzung der Richtlinie müssen Arbeitgeber mit 100 bis 149 Beschäftigten ebenfalls alle drei Jahre Bericht erstatten.
  • Gemeinsame Entgeltbewertung – Ergibt die Entgeltberichterstattung ein geschlechtsspezifisches Lohngefälle von mindestens 5 % und kann der Arbeitgeber das Gefälle nicht anhand objektiver geschlechtsneutraler Faktoren rechtfertigen, muss er in Zusammenarbeit mit den Arbeitnehmervertretern eine Entgeltbewertung vornehmen.

Zudem will die Richtlinie die Rechte derjenigen stärken, die beim Entgelt benachteiligt werden:

  • Entschädigung für Arbeitnehmer – Arbeitnehmer, die geschlechtsspezifischer Lohndiskriminierung ausgesetzt sind, können eine Entschädigung erhalten, einschließlich der vollständigen Nachzahlung des Entgelts und der damit verbundenen Boni oder Sachleistungen.
  • Beweislast aufseiten des Arbeitgebers – ist der Arbeitgeber seinen Transparenzpflichten nicht nachgekommen, obliegt es dem Arbeitgeber und nicht dem Arbeitnehmer, nachzuweisen, dass es keine Diskriminierung in Bezug auf das Entgelt gegeben hat.
  • Sanktionen einschließlich Geldstrafen – Die Mitgliedstaaten sollten spezifische Sanktionen für Verstöße gegen den Grundsatz des gleichen Entgelts festlegen, darunter Geldstrafen.
  • Gleichbehandlungsstellen und Arbeitnehmervertreter können im Namen der Arbeitnehmer in Gerichts- oder Verwaltungsverfahren tätig werden.

Das deutsche EntgTranspG wird nach Inkrafttreten der Richtlinie umfangreiche Aktualisierungen erfahren müssen. Die Umsetzungsfrist soll ausnahmsweise drei Jahre betragen, also voraussichtlich im Frühsommer 2026 ablaufen.

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