Ehegatten-Arbeitsverhältnis: Verjährung gehemmt

von Prof. Dr. Christian Rolfs, veröffentlicht am 25.04.2023
Rechtsgebiete: Bürgerliches RechtArbeitsrechtFamilienrecht|1934 Aufrufe

Die Verjährung von Ansprüchen zwischen Ehegatten ist gehemmt, solange die Ehe besteht. Dies gilt nicht allein für familienrechtliche Ansprüche, sondern für Ansprüche jedweder Art, so auch aus einem zwischen den Ehegatten bestehenden Arbeitsverhältnis.

Das hat das LAG Hamm entschieden.

Die Beklagte ist die (Noch-)Ehefrau des Klägers. Sie ist Inhaberin eines Unternehmens, an dessen Leitung aber nicht operativ beteiligt. Aufgrund notarieller Generalvollmacht führt ihr Ehemann, der Kläger, als angestellter Arbeitnehmer die Geschäfte. Dafür steht ihm ein monatliches Arbeitsentgelt iHv. 7.500 Euro zu. Zwischen Sommer 2016 und Anfang 2018 befand sich das Unternehmen in einer wirtschaftlichen Krise. Der Kläger verzichtete daher zeitweise auf die Auszahlung seines - brutto korrekt abgerechneten - Nettogehalts bzw. auf Teile davon. Insgesamt stundete er der Beklagten rund 52.000 Euro.

Inzwischen leben die Parteien getrennt. Der Kläger verlangt Zahlung. Die Beklagte hat u.a. die Einrede der Verjährung erhoben. Die Klage hatte erst- und zweitinstanzlich Erfolg:

Die Verjährung der Entgeltansprüche des Klägers war jedoch gemäß §§ 207 Abs. 1 S. 1, 209 BGB gehemmt. Gemäß § 207 Abs. 1 S. 1 BGB ist die Verjährung von Ansprüchen zwischen Ehegatten gehemmt, solange die Ehe besteht. Der Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt ist, wird gemäß § 209 BGB nicht in die Verjährungsfrist eingerechnet. Die Vorschrift des § 207 BGB beruht auf der Erwägung, dass in familiären Beziehungen die Einschaltung der Gerichte untunlich und unzumutbar ist. Der Familienfriede wird gestört, wenn ein Familienmitglied zur Vermeidung der Verjährung genötigt ist, einen ihm seiner Meinung nach zustehenden Anspruch in einer zur Hemmung der Verjährung führenden Form, also insbesondere durch Klage, geltend zu machen. Die Norm soll mithin vermeiden, dass die gesetzliche Verjährung die familiären Verhältnisse belastet (…). Unerheblich ist, ob die Verhältnisse der beteiligten Eheleute im konkreten Fall wirklich von Zusammengehörigkeitsgefühl und persönlicher Bindung geprägt werden. Die Vorschrift gelangt auch dann zur Anwendung, wenn die Beziehungen zwischen den Beteiligten – ggf.: inzwischen – zerrüttet und bereits zum Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen geworden sind. Erfasst werden im Übrigen nicht allein familienrechtliche Ansprüche, sondern Ansprüche jedweder Art (…), so auch aus einem zwischen den Familienmitgliedern bestehenden Arbeitsverhältnis. Ob der Hemmungsgrund gemäß § 207 Abs. 1 BGB gegeben ist, hat das Gericht nach Erhebung der Verjährungseinrede von Amts wegen zu prüfen (…).

Die Ehe der Parteien bestand bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung am 25. Januar 2023 fort. Dies ist im Rahmen der Kammerverhandlung aufgeklärt worden. Dass die Parteien inzwischen getrennt leben und das Scheidungsverfahren betreiben, ist nicht entscheidungserheblich

LAG Hamm, Urt. vom 25.1.2023 - 9 Sa 738/22, hier online verfügbar

 

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