OLG Rostock: Zur Reichweite der Befugnisse eines mit Sperrminorität ausgestatteten Geschäftsführers

von Ulrike Wollenweber, veröffentlicht am 28.07.2023

OLG Rostock: Zur Reichweite der Befugnisse eines mit Sperrminorität ausgestatteten Geschäftsführers

Das OLG Rostock hat entschieden, dass ein Geschäftsführer und Minderheitsgesellschafter gegen seine Treuepflicht und den Grundsatz der Verbandssouveränität der Gesellschaft verstößt, wenn er die Gesellschafterversammlung mit der Begründung übergeht, diese könne ihm aufgrund seiner Sperrminorität keine gegenteiligen Weisungen erteilen (Urteil vom 22.03.2021 - 1 U 115/14)

Geschäftsführer und Sperrminorität

Der Geschäftsführer einer GmbH war zugleich als Minderheitsgesellschafter mit ca. 28% an der GmbH beteiligt. Nach der Satzung erforderten Beschlüsse der GmbH eine 3/4-Mehrheit. Unter Missachtung des Mehrheitswillens in der Gesellschafterversammlung hatte der Geschäftsführer verschiedene Geschäftsführungsentscheidungen getroffen, wie u. a. eine Gesellschafterversammlung einer Tochtergesellschaft einberufen.

Ausnutzung der Sperrminorität

Der Senat führt aus, der Geschäftsführer habe – neben einer Verletzung seiner Geschäftsführerpflichten – auch gegen seine mitgliedschaftliche Treuepflicht verstoßen. Die Vorstellung, der Geschäftsführer benötige keinen zustimmenden Gesellschafterbeschluss, weil die übrigen Gesellschafter ohne ihn sowieso nicht Beschluss fassen könnten, sei treuwidrig.

Treuepflichten des Minderheitsgesellschafters

Zur Begründung führt der Senat aus, dass es auch einem Minderheitsgesellschafter obliege, die Interessen der Mitgesellschafter zu berücksichtigen und eine Willensbildung aller Gesellschafter zu ermöglichen. Zudem folge aus dem Grundsatz der Verbandssouveränität, dass die Gesellschafter ihre Kompetenz zur Überwachung der Geschäftsführer nicht vollständig aufgeben dürften und der Geschäftsführer sich nicht dauerhaft dem Weisungsrecht entziehen könne.

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