Streitwertbemessung bei einer steckengebliebenen Pflichtteilsstufenklage

von Dr. Hans-Jochem Mayer, veröffentlicht am 04.09.2023
Rechtsgebiete: Vergütungs- und Kostenrecht|1709 Aufrufe

Das OLG München hat sich im Beschluss vom 14.8.2023 – 33 W 321/23e - mit dem Streitwert einer steckengebliebenen Pflichtteilsstufenklage befasst und sich auf den Standpunkt gestellt, dass sich der Streitwert nach der realistischen wirtschaftlichen Erwartung des Klägers zu Beginn des Verfahrens bestimme. Allerdings weise eine erbrechtliche Stufenklage die Besonderheit auf, dass – je nach dem Verhältnis des Erblassers zum Pflichtteilsberechtigten -  dieser keinerlei Kenntnis über die Zusammensetzung des Nachlasses haben müsse. Die Angabe eines „vorläufigen Streitwertes“ in der Klageschrift verfolge regelmäßig den Zweck, die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts zu begründen und einen Vorschuss für die Zustellung der Klage einzuzahlen. Ob allein diese vorläufige Schätzung die Grundlage der endgültigen Streitwertfestsetzung bilden könne, erscheine äußerst zweifelhaft. Im konkreten Fall war in der Klageschrift ein vorläufiger Streitwert von 10.000 EUR angegeben worden. Später stellte sich heraus, dass auf den Pflichtteilsanspruch des Klägers 265.000 EUR gezahlt worden sind. Das OLG München stellte sich auf den Standpunkt, dass bei einer Pflichtteilstufenklage für die Bemessung der realistischen Erwartungen des Klägers auf die Erkenntnisse bei Beendigung des Verfahrens abzustellen sei, wenn die zu Beginn des Verfahrens mitgeteilten Erwartungen ersichtlich unzutreffend gewesen seien. Im vorliegenden Fall wurde der Streitwert von 10.000 EUR auf bis zu 230.000 EUR vom OLG hochgesetzt.

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