LG Zweibrücken: Keinesfalls eine rückwirkende Pflichtverteidigerbestellung

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 20.12.2023
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht|947 Aufrufe

Offenbar hatte der Verteidiger frühzeitig eine Pflichtverteidigerbeiordnung beantragt. Das Gericht hatte das wohl "verpennt". Kann das noch gerettet werden durch rückwirkende Bestelung? Ich würde denken: Ja. Das AG Zweibrücken dagegen ändert sogar ausdrücklich seine bisherige Rechtsprechung und verneint die Möglichkeit der nachträglichen Bestellung generell:

 

Die Anträge des Beschuldigten vom 30.6.2023, 22.7.2023, 1.9.2023 und 15. 10. 2023, ihm RA pp. als Pflichtverteidiger zu bestellen, werden abgelehnt.

Gründe:

Der Beschuldigte hat erstmals mit Antrag vom 30.6.2023 (B. 17 d. A.) die Bestellung eines Pflichtverteidigers beantragt. Mit Verfügung vom 24. 08. 23 stellte die Staatsanwaltschaft Zweibrücken das Verfahren wegen Vorliegens eines Verfahrenshindernisses gemäß § 170 Abs. 2 StPO ein und gewährte dem Beschuldigten Akteneinsicht. Der Beschuldigte wiederholt seinen Antrag und ist der Ansicht, ihm müsse nachträglich ein Pflichtverteidiger bestellt werden, weil eine Bestellung schon vor der Einstellungsverfügung gesetzlich geboten war. Er ist weiter der Ansicht, die Sache müsse dem EuGH vorgelegt werden, weil eine europäische PKH Richtlinie die Bestellung vorgebe.

Die Bestellung war abzulehnen. Das Landgericht Zweibrücken hat mit Beschluss vom 5.9.2023 eine nachträgliche Bestellung eines Pflichtverteidigers grundsätzlich abgelehnt und hierzu ausgeführt, eine Bestellung für ein in einem Rechtszug abgeschlossenes Verfahren, sei rechtswidrig und komme auch dann nicht in Betracht, wenn ein Wahlverteidiger bereits rechtzeitig seine Bestellung beantragt hatte (AZ: 1 Qs 28/23 Beschl. v. 5.9.2023). Das Amtsgericht schließt sich dieser Rechtsprechung an.

Eine Vorlage an den EuGH ist darüber hinaus nicht geboten. Die vom Verteidiger des Beschuldigten vertretene Ansicht, die Richtlinie gebe dem Gesetzgeber die Bestellung eines Pflichtverteidigers zwingend vor, mag zutreffen und findet sich auch im Wortlaut der gesetzlichen Neuregelungen zum Recht der Pflichtverteidigerbestellung wieder; hier geht es jedoch um die Restitution bei einer tat-sächlich nicht erfolgten rechtzeitigen Bestellung. Hierzu ist eine Bindung durch die Vorgaben auf europäischer Ebene nicht ersichtlich.

AG Zweibrücken, Beschl. v. 26.10.2023 - 1 Gs 1248/23, BeckRS 2023, 30032

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