Vorsatz bei 60 % Geschwindigkeitsüberschreitung / kein Vortrag zu wirtschaftlichen Verhältnissen durch Verteidiger

von Carsten Krumm, veröffentlicht am 06.01.2024
Rechtsgebiete: Verkehrsrecht|1459 Aufrufe

Dogmatisch wird in dieser Entscheidung nichts groß erklärt. Sie ist jedenfalls praxisnah: 60 % Geschwindigkeitsüberschreitung und daraus sich ergebende Vorsatzannahme des Amtsgerichts waren für das KG nicht rechtsfehlerhaft. Zudem fehlten dem Verteidiger wohl Urteilserwägungen zur wirtschaftlichen Situation des Betroffenen  - das OLG dazu sinngemäß: "Du warst doch da und hast nichts gesagt!"

 

Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 19. Juni 2023 wird nach §§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, 349 Abs. 2 StPO als offensichtlich unbegründet verworfen.

 Gründe: 

 Der Schriftsatz des Verteidigers vom 11. Oktober 2023 lag vor, gab aber zu einer anderen Bewertung keinen Anlass. Erläuternd bemerkt der Senat:

 1. Die Verfahrensrüge ist aus den in der Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft bezeichneten Gründen unzulässig. Unklar bleibt darüber hinaus bereits, welcher Beweisantrag in der Hauptverhandlung überhaupt gestellt worden ist. Die Mitteilung der Rechtsbeschwerde, der Verteidiger habe auf einen – im einzelnen beschriebenen – Sachverhalt hingewiesen und „hierzu sei dann auch entsprechender Beweisantrag durch Vernehmung des Zeugen R. gestellt worden, so dass dieser als protokollierter Beamter entsprechend dazu vernommen werden sollte“, genügt ersichtlich nicht.

 2. Nicht zu beanstanden ist, dass das Amtsgericht davon ausgegangen ist, dass es sich bei der Messung mit dem Lasermessgerät LTI 20-20 TruSpeed um ein standardisiertes Messverfahren im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGHSt 39, 291; 43, 277) handelt.

 3. Gegen die Annahme von Vorsatz ist bei der hier festgestellten Geschwindigkeitsüberschreitung von mehr als 60% nichts zu erinnern, denn das Urteil enthält keine dieser Bewertung ausnahmsweise entgegenstehenden Feststellungen (vgl. Senat DAR 2015, 99).

 4. Auch die Rechtsfolgenbemessung ist rechtsfehlerfrei begründet.

 a) Das Urteil teilt pflichtgemäß (vgl. Senat zfs 2022, 709) mit, dass sich der vertretende Rechtsanwalt nicht zu den Vermögensverhältnissen des erlaubt abwesenden Betroffenen geäußert hat. Damit hat sich der Verteidiger bewusst der Möglichkeit begeben, in der Hauptverhandlung für den Betroffenen Umstände vorzutragen, die ein Abweichen vom Regelfall hätten begründen können (vgl. Senat DAR 2021, 99 [mit zust. Anm. Metz] = NZV 2020, 597). Bei dieser Sachlage ist die Bußgeldbemessung auch dann nicht zu beanstanden, wenn das Tatgericht, wie hier, den Regelsatz des Bußgeldkatalogs wegen einer Vorbelastung um einen moderaten Betrag erhöht hat (vgl. Senat VRS 136, 116 2019.).

 b) Die Verhängung des Fahrverbots ist gleichfalls rechtsbeschwerdekonform begründet. Die allein maßgeblichen Urteilsgründe enthalten keine Umstände, die der Tatrichterin Anlass geben konnten, vom durch die BKatV indizierten Regelfahrverbot abzusehen.

 Der Betroffene hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen (§§ 46 Abs. 1 OWiG, 473 Abs. 1 Satz 1 StPO).

KG Beschl. v. 12.10.2023 – 3 ORbs 211/23 – 162 Ss 104/23, BeckRS 2023, 32864

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